Am Dienstag Morgen setzte Beryl sich zunächst hin, um Jade anzurufen. Diese klang ein wenig müde, aber ansonsten recht normal. Zunächst plauderten sie ein wenig über ihre Woche, bis die Rothaarige das Gespräch langsam auf den Kern bringen wollte.

"Sag mal, Jade, Caleb erwähnte, daß du ein wenig niedergeschlagen aussiehst in letzter Zeit." - "So, meint er das?" Ihre Stimme klang ruhig, doch Beryl hörte das unterschwellige Zittern aus ihren Atemzügen heraus. "Was ist denn los, Schatz? Sehen willst du ihn wohl auch nicht? Läuft es nicht zwischen euch?" - "Hm? Wir haben nicht gestritten oder sowas, wenn du das glauben solltest. Ich texte ihm doch andauernd. Es ist alles wie immer." Jade schwieg einen langen Augenblick, ehe sie meinte: "Das ist ja das Problem." - "Aw, du kommst nicht weiter? Möchtest du mal darüber reden? Ich hab heute den ganzen Tag frei, wenn du ein offenes Ohr brauchst." - "Ich werde drüber nachdenken, Beryl. Danke. Muß jetzt zur Arbeit, bye."
Verwirrt starrte die Rothaarige auf ihr Handy. So kurz abgefertigt hatte Jade sie noch nie.

Gegen Mittag klopfte es. Die Frau, die den ganzen Vormittag gemalt hatte und gerade über ein kleines Mittagessen nachdachte, ging hoffnungsvoll an die Tür. Es war ihr Nachbar. Zwar machte er ein ziemlich unfreundliches Gesicht, aber sie war dennoch erleichtert, daß er sie nicht gleich ganz abgeschrieben hatte.
"Thilo! Wie schön! Ich war mir nicht sicher, ob ich einfach noch mal bei dir vorbeischauen sollte."
"Ich bin gekommen, um meinen Gegenbesuch zu machen, wenn es dir recht ist", meinte er ein wenig steif zur Begrüßung.
"Natürlich, ich freu mich! Komm rein, Thilo!"

Der junge Mann trat ein und sah sich kurz um, ehe er das Gespräch wieder aufnahm. "Ich hab deinen Zettel gefunden."
"Es tut mir so leid, daß ich nicht kommen konnte!"
"Mach dir nichts draus. Es ist ja nicht so, als ob es eine feste Verabredung gewesen wäre." Sein Tonfall machte klar, daß er sich darauf gefreut hatte, sie im Publikum zu sehen, und nun enttäuscht war, aber sein bestes tat nicht überzureagieren. Beryl trat näher an ihn heran und sah ihn mit ihrem schönsten Augenaufschlag an. "Aber es war eine wichtige Verabredung, zumindest für mich." Ihr Blick bettelte aufrichtig um Verzeihung, und in die Mundwinkel ihres Gegenübers stahlen sich bald die ersten Anzeichen eines Lächelns. Die Geste schien sein gerupftes Federkleid zu glätten.
Die Rothaarige war trotzdem der Ansicht sich ihm erklären zu müssen. "Ich wollte gerade los, als ich von Freunden überrumpelt wurde, die ihre Probleme loswerden wollten. Es tut mir echt leid. Ich hab noch versucht sie einfach mitzunehmen zur Show, aber es hat nicht geklappt."
"Aw, das ist süß von dir! Wie könnte ich jemandem böse sein, der mich noch keine Woche kennt und schon versucht neue Fans für mich zu rekrutieren?" meinte er versöhnlich, und sie schmunzelte.

"Ich wünschte nur, ich hätte es dir kurz sagen können."
"Jetzt hast du ja meine Nummer. Fürs nächste Mal."
"Hab ich die?" fragte Beryl verwundert. War ihr eine Nachricht entgangen? Hatte sie sich bei ihrer eigenen Nummer verschrieben?
Thilo zog wortlos sein Handy hervor, streckte lässig den Arm aus und schickte eine SMS ab, die er bereits im Voraus getippt hatte. In Beryls Tasche piepste es und er grinste. "Allerdings!"
"Oooh!" machte die Frau. "Gefährlich! Wie schützt du dich gegen Fotos von mir?"
"Gar nicht! Ich bin sehr strapazierfähig, also nur immer her mit der Selfie-Lawine!"
Sie lachte, und er stimmte ein.

"Womit warst du gerade beschäftigt?"
"Ich wollte mir einen Salat zu Mittag machen. Möchtest du auch einen?"
Er zuckte mit den Schultern. "Ich bin ein armer Künstler, etwas zu essen nehme ich immer an!"
"Wenn das so ist würde ich dir gerne mal etwas richtiges kochen zur Entschuldigung."
"Auch da sage ich nicht nein, aber du mußt dich nicht endlos entschuldigen. Laß uns lieber eine Freundschaft feiern", schlug er fröhlich vor, und seine Laune war wirklich ansteckend. Beryl freute sich, daß ihre Chancen nun wieder deutlich besser standen. "Gerne. Allerdings bin ich Vegetarier. Stört dich das?"
"Zu traurig, dann gibt es wohl auch zukünftig kein Steak abzustauben." Als Thilo ihren zweifelnden Blick bemerkte fügte er vorsichtshalber hinzu: "Es stört mich nicht. Ich hab nicht jeden Tag Fleisch auf dem Teller, aber ich habe auch noch nie etwas explizit vegetarisches gegessen. Wenn es nicht nur um einen grünen Salat geht bin ich dabei und sehr neugierig."

Ihr Gesicht leuchtete auf. "Okay. Dann wirst du es nicht bereuen, das verspreche ich. Aber das müssen wir verschieben, für ein Festmahl hab ich nicht genug Zutaten im Haus."
"Es ist eh nicht die Uhrzeit dafür. Ich bin auch gar nicht schick angezogen für eine solche Gelegenheit." Er winkte grinsend ab, und Beryl marschierte in die Küche. "Dann mal ran an den Salat! Magst du mir in der Küche Gesellschaft leisten? Ansonsten steht mein Fernseher da hinten, falls du die Zeit lieber für Recherchen nutzen möchtest."
"Danke, aber im Moment recherchiere ich andere Dinge." Thilo folgte ihr, lehnte sich gegen die Theke und beobachtete genüßlich, wie seine Gastgeberin sich nach den Zutaten im Kühlschrank reckte und bückte. "Kann ich dir mit was helfen?"
Sie schickte ihm einen glühenden Blick über die Schulter. "Geht schon, danke. Erzählst du mir etwas über dich während deiner Recherche? Was machst du sonst so neben der Comedy?"

"Ach, nicht viel außer zu arbeiten momentan, fürchte ich. Ich will möglichst schnell die Karriereleiter empor, also arbeite ich die meiste Zeit an mir. An meinem Charme, meinem Witz..."
"Scheint doch zu funktionieren!"
"Danke, sag das meinem Chef!" Er lachte. "Ich lerne gerade Gitarre für den Job, und ab und zu spiele ich ganz gerne etwas Basketball, aber in letzter Zeit reicht es meist nur für eine schnelle Joggingrunde, wenn ich nicht gerade eh in San Myshuno bin. Da sind die besten Basketballplätze."
"Hast du vorher schon etwas anderes gemacht?" fragte Beryl beim Gemüseschneiden, da er zwar jung aussah, aber nicht so jung als käme er frisch von der Schule. Thilo zog eine Grimasse. "Ich war eine Zeitlang auf der Uni, aber ich hab's hingeschmissen." - "Wieso?" - "Weil die Komikerkarriere mein Traum ist, auch wenn's hart ist." - "Verstehe ich gut. Was hast du studiert?" - "Jura."
"Nein!" Ihre Augen wurden kugelrund.
"Doch!" quietschte er in gespieltem Entsetzen und Beryl lachte so sehr, daß sie das Messer kurz an die Seite legen mußte. "Du und Jura! Das kann ich mir ja wirklich überhaupt nicht vorstellen!"
"Ich dachte auch jeden Tag, das müsse ein Alptraum sein!"
"Wie bist du denn dazu gekommen?" kicherte sie und zerkleinerte weiter die Tomaten.

Thilo wurde plötzlich ernst, als wäre das Thema unangenehm für ihn. "Der Druck kam von meinen Eltern. Jura oder Wirtschaft. Hab beides ihnen zuliebe versucht und beides als unerträglich empfunden."
"Recht so! Die Welt braucht ein Lachen, nicht noch mehr Anwälte."
"Aw, das hast du wirklich schön gesagt, Beryl! Ich glaube, das lasse ich mir auf ein Shirt drucken!"
"Mach das, ich verlange auch keine Lizenzgebühren! Rück mal bitte, ich brauche eine Schüssel aus dem Schrank."
"Aber immer doch!" Er trat zur Seite, sah auf das Schneidebrett, das sie balancierte, und dann auf ihren Ausschnitt. "Das sieht lecker aus."

Beryl grinste und tippte ihm gegen die Brust. "Warum hab ich dich nicht schon vor Wochen gefunden? Endlich jemand, der auf meiner Wellenlänge liegt!"
"Aber wirklich! Du machst dir keine Vorstellung davon, wie lange ich hungrig und im Regen in meinem Pappkarton am Straßenrand saß und auf ein liebes Frauchen hoffte." Er nahm ihr das Tablett ab, damit sie besser im Schrank herumwühlen konnte.
"Du hast Glück, ich mag Welpen!" lachte sie und nahm das Tablett zurück, nachdem sie gefunden hatte, was sie brauchte.
"Tja, sowas wie mich findet man eben nicht auf dem Romantikfestival!"
"Ich hab's gemerkt!"
"Nein! Du warst echt schon mal da?" feixte er und konnte es kaum fassen ins Schwarze getroffen zu haben mit seiner wilden Behauptung.
"Dreimal!"

Während sie aßen unterhielten sie sich erstaunlich ernsthaft über Beryls Job und Herkunft, und die Malerin war positiv überrascht, wie gut sie mit Thilo plaudern konnte. Sie hatte direkt mit ihm geklickt, über das rein körperliche hinaus. Das war der Beginn einer langen Freundschaft, da war sie sich sicher. Hoffentlich einer Freundschaft mit häufigen gewissen Vorzügen.
Nach dem Essen blätterte der Blondschopf sich allerdings zunächst durch ihr Bücherregal. "Du hast Bände über Charme und Comedy?" fragte er verwundert.
Beryl, die auf dem Sofa saß, zuckte mit den Schultern. "Ich hab wie gesagt als Kritiker angefangen, da brauchte ich beides. Das Buch ist gut, du kannst es dir gerne mal leihen, wenn du magst."
"Vielleicht beim nächsten Mal, aber danke für das Angebot." Er stellte es zurück und setzte sich zu ihr. "Für den Augenblick sind mir Filme lieber als schwere Wälzer."
"Mein neuer Fernseher wird bald geliefert. Vielleicht schauen wir uns dann mal etwas gemeinsam an?"
"Warum schauen wir uns nicht einfach etwas bei mir drüben an?" fragte er verschmitzt.
"Jetzt gleich?" erwiderte sie und spürte den Beginn eines angenehmen Kribbelns, doch er verzog das Gesicht. "Das wäre viel zu perfekt. Leider muß ich langsam heim und noch Gitarre üben für heute Abend."
"Ach nein. Wann fängt deine Schicht doch gleich an?"
"Um fünf."
Die Rothaarige schaute auf die Uhr. "Mist. Wie die Zeit immer vergeht!"
"Kommst du denn heute in den Club? Wir könnten noch was trinken."
"Du bist heute auch noch im Blauen Samt, hast du gesagt?"
Er brummte zustimmend.
"Da würde ich wirklich lieber heute vorbeischauen, aber ich muß morgen früh raus zur Arbeit. Wenn wir heute etwas trinken wird es wohl dabei bleiben müssen." Sie sah ihn bedauernd an.
"Na, du verlierst ja nicht viel Zeit mit Vorgeplänkel, huh?" lachte er, woraufhin sie tatsächlich ein wenig verlegen wurde und die Schultern hochzog. "Es ist halt schon so lange her, tut mir leid."
"Also, was mich angeht, mir sind Drinks heute gut genug. Laß mich dir erstmal zeigen, was ich kann!"
"Nanu, plötzlich so schüchtern?" fragte sie grinsend.
"Nein, Genießer!" Thilo sah ihr in die Augen. "Du bist toll. Du fliegst nicht plötzlich weg wie eine Märchenfee, oder?"
"Nein, ich bin kein Traum", versicherte sie ihm.
"Morgen Abend hast du also Zeit?"
"Ja, und auch den Tag danach."
"Dann sehen wir uns nachher und morgen nach deiner Schicht bei mir?"
"Gerne!" hauchte sie. Für einen Moment sah es aus, als wolle er sie küssen, aber der Blondschopf stand doch nur auf. "Dann bis nachher, Beryl!"
"Ja, bis nachher!" Die Rothaarige sah ihm hinterher und nutzte die Gelegenheit, ihm zur Abwechslung auch mal auf den Hintern starren zu können. Ihr gefiel, was sie sah. Endlich lief es mal gut für sie! Obwohl sie zugeben mußte, daß es nun er war, der sie zappeln ließ.

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