Traurig wanderte sie alleine auf den Festplatz zurück. Es waren nicht mehr viele Leute da. Die meisten waren ins Honey-Pop abgewandert oder nach Hause gegangen, allein oder in Begleitung eines neuen Schwarms. Auch die ersten Händler packten bereits ein, aber die Beleuchtung stand noch und auch beim Romantik-Guru, der nicht mehr zu sehen war, brannten noch die Kerzen. Trotz allem, was geschehen war, konnte Jade den Anblick genießen. Es war wunderschön hier und sie beschloß, sich auch irgendwann Laternen für ihren Garten oder die Veranda zu kaufen. Vielleicht sollte sie auch in der Wohnung mal eine Kerze aufstellen.

Es war ihr unbegreiflich, wie jemand, der angeblich ebenso auf kitschige Liebesromane stand wie sie, diesen Anblick nicht mögen konnte. Schon allein die blühenden Kirschbäume waren den Besuch mehr als wert gewesen. Sie kam erneut am Hochzeitsbogen vorbei, dessen Lautsprecher inzwischen ausgeschaltet war. "Tja, Kumpel, wir werden uns wohl nicht so schnell wiedersehen."
Die junge Frau setzte sich an einen der bunten Tische, sah dabei zu, wie die Fontäne mit dem Sakura-Tee abgebaut wurde, und wurde schließlich von einigen Männern freundlich verscheucht, als sie die Tische wegräumen wollten. "Sind die 20 Minuten nicht längst um?" wunderte sie sich und ging zum Honey-Pop zurück. Caleb war nirgends zu sehen, weder auf dem nun leeren Platz, noch in der Bar. Sie ging hinein und sah sich kurz um, aber auch in dem dichten Gedränge war er nicht aufzufinden. Er war verschwunden.

"Soviel dazu." In Jade brodelte es. Hatte er sie schon wieder versetzt! Sie hatte genug davon ihn ständig zu suchen und am laufenden Band die Dumme zu sein auf diesem Festival. Dann sollte halt er sie finden! Sie lief einen der anderen Zubringerwege zu den Fahrstühlen entlang. Auch dieser Weg war herrlich und sicher auch bei Tag einen Besuch wert, doch auch hier traf sie nicht auf ihren Begleiter. Sie sah sich Skulpturen und bunte Büsche an und gelangte schließlich an einen Miniatur-Bambuswald mitten auf einem Platz. Mehrere Teiche waren hier angelegt und es fühlte sich an als sei sie mitten in einem japanischen, verzauberten Märchenwald, in dem Natur und moderne Stadt miteinander verschmolzen.
Sprachlos sank die junge Frau auf eine Bank und ließ die Umgebung auf sich einwirken. Alles war ruhig und friedlich, selbst der Verkehr von unten war kaum zu hören. Nur das Wasser gluckerte.
Von ihrem Sitzplatz aus erschien es, als sei sie auf dem Erdboden, denn in der Ferne erhob sich die Silhouette von San Myshunos Wolkenkratzern und Werbetafeln im Kunstlicht glühend vor den nachtschwarzen Himmel. Sie war so weit oben, und es ging immer noch höher... "Wie verrückt die Menschen sind."

Wie gerne hätte sie den Anblick mit Caleb geteilt, aber er war ja nicht da. Jade wünschte sich, diesen Abend hätte es nie gegeben. Gleichzeitig jedoch wünschte sie sich, das Fest hätte nie aufgehört. Wenn sie es doch nur hätte einfrieren können an der Stelle, als sie die Blütenblätter geworfen hatte. Könnte sie die Zeit zurückdrehen, sie wäre den Abend anders angegangen. Doch nun war alles so gekommen, wie es gekommen war, und sie hatte nur größtenteils hilflos zusehen müssen, wie ihre Freundschaft fortgeschwemmt worden war.
In ihren Augen brannten Tränen, und nun, wo sie alleine war, bemühte die junge Frau sich nicht mehr sie zurückzuhalten.

 

Über eine Stunde später schleppte Jade sich die Treppe zu ihrem Haus hinauf, weil ihre Füße sie langsam umbrachten. Sie hatte noch eine ganze Weile auf der Bank gesessen und gewartet, ob Caleb noch auftauchte oder anrief, aber sie hatte nichts von ihm gehört, also war sie allein nach Hause gefahren.
Nun war es nach 2 Uhr morgens und sie kickte erstmal die Sandalen von den müden Zehen, ehe sie ins Schlafzimmer ging und dort behutsam die neue Schneekugel auf ihre Kommode stellte. "So hast du auch etwas davon, Melvin", sagte sie zu ihrem Fisch und setzte sich aufs Bett. "Weißt du, es war wirklich wunderschön auf diesem Fest! Du hättest all die herrlichen Lichter sehen sollen!" Sie sah aus ihrem Fenster an den Himmel hinauf, an dem sich ein halber Mond zeigte, und wünschte sich in ihrer Straße gäbe es auch solche Laternen.

Es klopfte. Jade sprang ruckhaft auf. Wer konnte das sein, mitten in der Nacht? Sie spähte vorsichtig durchs Fenster. Caleb stand draußen. "Das gibt's doch nicht!" Hatte er es sich etwa doch noch anders überlegt und wollte ihr etwas sagen? Sie lief barfuß in den Flur und riß die Tür auf, als er gerade gehen wollte. "Was machst du hier, um diese Zeit?" rief sie und trat auf die Terrasse.
Ihr Freund wandte sich um und kam zurück. Er sah erleichtert aus. "Jade! Hier bist du! Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich dich nicht finden konnte! Warum hast du nicht Bescheid gesagt, daß du heimgehen wolltest?"
"Ich hätte Bescheid geben sollen?! Ich?! Viermal mußte ich heute nach dir suchen, und als ich davon ausgehen mußte, daß du nach Hause gegangen seist, bin ich auch gegangen!"
"Es tut mir leid, die Party in der Karaokebar ist ein wenig ausgeufert, aber eine kurze SMS hätte genügt und ich wäre zur Stelle gewesen!" meinte er aufmunternd.

"Ich will aber nicht meinem Begleiter per Handyortung hinterher rennen, und du hättest es genauso machen können, um mich zu finden! Übrigens war ich in der Bar, aber du nicht! Du hättest auch einfach vorher sagen können, wie sehr du dieses Festival haßt, dann wären wir niemals hingegangen!" rief sie aufgebracht.
Der Vampir legte den Kopf schief. "Na, 'hassen' ist ein sehr hartes Wort. Es ist mir das unliebste Fest, das ist wahr. Aber du wolltest die Laternen sehen und hast sie gesehen, oder nicht?"
"Nein, ich wollte sie mit dir sehen! Mit dir, verstehst du? Nicht alleine, nicht mit liebestollen Fremden, nicht mit der Aufräum-Crew, mit dir, Caleb Vatore! Ich bin maßlos enttäuscht! Du warst heute ein absolut mieser Freund, und du bist der unromantischste Klotz, den ich kenne, und ein Volldepp noch dazu!" Sie schimpfte sich allen Kummer von der Seele. Wie blind konnte er eigentlich noch sein?!

Caleb sah betroffen aus. "Es tut mir sehr leid, Jade, offenbar habe ich unterschätzt, wie wichtig dir dieser Abend war, aber du mußt auch zugeben, daß heute sehr viel passiert ist."
"Ganz offenbar hast du es unterschätzt, allerdings. Das war mein liebstes Fest, und du hast es mir komplett verdorben mit deinem ständigen Verschwinden und Meckern!"
"Dein liebstes?!" Er war ebenso überrascht wie erschüttert angesichts dieser völlig unerwarteten Information. "Ich weiß, du hattest dich auf die Laternen gefreut, aber damit hätte ich nicht gerechnet. Dann tut es mir um so mehr leid, Jade Sparkle. Wir können beim nächsten Mal erneut hingehen, und ich verspreche nicht von deiner Seite zu weichen, solange du nur nicht wieder von dem Tee trinkst." In ihm wehrte sich zwar alles dagegen, sich das ein weiteres Mal anzutun, aber wenn es ihr so wichtig war...

"Nein, danke!" rief sie aufgebracht.
"Aber wieso...?"
"Da gehe ich nie wieder hin, schon gar nicht mit dir! Eine Nacht auf der Parkbank zu heulen war genug."
"Du hast geweint?! Wieso das?! Jade, würdest du bitte mit mir reden?"
"Geh bitte! Ich kann dich heute nicht mehr sehen, Caleb!" Mit einem Schluchzen in der Stimme rauschte sie ins Haus und schlug ihm die Tür vor der Nase zu.

Der Vampir fühlte sich, als habe ihm jemand die Faust in die Magengrube gerammt. Was war denn jetzt passiert? Ja, er hatte einen großen Fehler gemacht, als er die Zeit vergessen hatte und nicht zu ihr aufgeschlossen war zur Laternenschau, und sicher war er auch nicht der beste Unterhalter gewesen auf diesem Fest, an dem ihm fast nichts gefiel. Daß sie ihn in der Bar nicht finden konnte, mochte daran liegen, daß er zwischendurch bei den Toiletten gewesen war, um sich die Hände zu waschen und sich frisch zu machen. Da hatten sie sich wohl leider verpaßt. Aber was hatte er unverzeihliches getan, daß sie nie wieder ein Festival besuchen wollte, das spontan zu ihrem Liebling avanciert war? Und was hatte ihr daran dermaßen gut gefallen? Sie hatte die halbe Zeit vor sich hin gestarrt, mehrmals geweint und sozusagen mit ihm Schluß gemacht, zumindest was Umarmungen anging. Zudem interessierte sie der eigentliche Zweck des Festes nicht im geringsten. DAS war ihr liebstes Festival gewesen?!
Verwirrt ging er heim.

Nachdem Jade schnell geduscht hatte und ins Bett gekrabbelt war sah sie ein letztes Mal ihre Schneekugel an, ehe sie die Augen schloß. Sie träumte die ganze Nacht von Blütenregen.

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