Mittwochs nach der Arbeit war Jade nicht recht bei der Sache. Fast roboterhaft bereitete sie ihr Abendessen zu, stopfte es lustlos in sich hinein, während sie die Lokalnachrichten schaute, und entschied sich letztendlich doch, Caleb wegen dem, was sie beschäftigte, anzurufen, da Beryl um diese Zeit bei der Arbeit sein mußte. Außerdem wußte sie schon recht genau, was Beryl sagen würde, und der Ratschlag ihres Freundes war ihr in diesem Fall wichtiger, da er die Firmenpolitik an ihrem Arbeitsplatz naturgemäß gut kannte.

Er meldete sich fast sofort. "Jade! Tut mir leid, daß ich in den letzten Tagen allen Versprechen zum Trotz keine Zeit für dich hatte! Was kann ich für dich tun?"
"Caleb, kann ich mit dir über ein Problem bei der Arbeit sprechen?"
"Natürlich, wieso nicht?"
"Nunja, es ist ein wenig delikat, und ich möchte deine Meinung als Freund hören, der die Arbeitsatmosphäre kennt, nicht als Vorgesetzter in diesem Betrieb. Geht das?" - "Ich bin ganz Ohr", versicherte er ihr ernst, und sie holte tief Luft. "Ich habe heute etwas getan, für das ich gefeuert werden könnte, glaube ich."
"Was, du?! Du beliebst zu scherzen, ja?" Er klang entsetzt.
"Nein, leider nicht. Stell dir vor, du arbeitest die Ausgabenberichte des Geschäftsführers durch, und da ist ein Muster drin, das darauf hindeutet, daß er Firmengelder unterschlägt."
"Veruntreuung, in deiner Geschäftsstelle?!"
"Ich war mir nicht sicher, was ich tun sollte, also habe ich den hypothetischen Fall mit zwei Kollegen durchgesprochen. Die waren beide feixend der Meinung, sie würden ihren Chef erpressen, um was vom Kuchen abzubekommen."
"Also, ich weiß wirklich nicht, was ich von einer solchen Arbeitsmoral halten soll..."
"Ich war auch entsetzt. Am Ende habe ich der Buchhaltungsabteilung eine Email mit meinem Verdacht und den entsprechenden Daten geschickt, ehe mein Chef etwas davon mitbekommen konnte, daß ich mit jemandem darüber gesprochen hatte. Aber jetzt habe ich furchtbare Angst, daß er sich herausredet und er mich für die Anschuldigungen feuert."
"Keine Angst, Jade, ich sehe mir das persönlich an."

"Nein, darum geht es doch gar nicht! Ich bin mir doch nur so unsicher, ob ich das richtige getan habe. Hättest du das auch gemeldet, und vor allem, glaubst du die werden handeln und den richtigen rauswerfen? Wenn sie einfach gar nichts machen und er mich dann schikaniert, ich weiß nicht... Hätte ich erst mit ihm sprechen sollen, ehe ich es weitermelde?"
"Auf keinen Fall! Wenn er schuldig ist hätte ihm das nur Zeit gegeben die Beweise zu fälschen. Jade, die Buchhaltung versteht keinen Spaß, und wir im Vorstand auch nicht. Wenn dein Gebietsleiter Gelder der Firma stiehlt wird es kein negatives Licht auf dich werfen darauf aufmerksam gemacht zu haben. Im Gegenteil, es würde mich nicht wundern, wenn demnächst ein Platz in der Geschäftsführung für dich frei wird." Caleb klang nun aufgebracht.
"Das war nicht der Grund, warum ich es gemeldet habe!"
"Das wird auch niemand annehmen. Selbst wenn es nur ein begründeter Verdacht war und sich als falsch herausstellt wird dir daraus niemand einen Strick drehen."
"Außer meinem Chef..."
"Der von einer internen Ermittlung erst einmal nichts erfahren wird, es sei denn deine Kollegen plaudern es aus."
"Oje. Dann hoffen wir mal, daß ich mich nicht geirrt habe und daß die beiden dicht halten."
"Du bist viel zu gewissenhaft, um leichtfertig Beschuldigungen auszusprechen, daher bin ich mir sicher, daß dein Verdacht sehr begründet und somit vermutlich korrekt war. Selbst wenn nicht - du hast mit guten Absichten für die Firma gehandelt. Sollte dein Vorgesetzter das nicht verstehen und sich dir gegenüber unprofessionell verhalten kannst du immer noch eine Versetzung in eine andere Filiale beantragen."
"Langsam verstehe ich, wieso du im Vorstand bist. Du verstehst es wirklich andere aufzubauen." Sie seufzte erleichtert.
"Ist mir soeben Sarkasmus entgangen?"
"Nein, das war ernst gemeint. Mir geht es jetzt besser. Danke, Caleb."
"Vermutlich sollte ich dir jetzt danken der Firma geholfen zu haben, aber da dies ein privater Anruf ist sage ich nur: gern geschehen, Jade." Er lachte, und sie stimmte ein. "Wo ich dich gerade in der Leitung habe und du nicht weglaufen kannst, darf ich dich für übermorgen Abend buchen?"

"He, wann bin ich zuletzt vor etwas weggelaufen?" schimpfte sie mit einem unsicheren Lachen, und er fuhr fort: "Na, wer weiß, ob du dieses Mal auch mitkommen möchtest! Ich muß dringend aufs Laufband und an meiner Kondition arbeiten, kommst du mit zum Fitneßstudio?"
"Fitneßstudio? Öööh..."
"Kein Interesse?"
"Ich weiß nicht, ich war noch nie in so einem Studio. Bist du mir böse, wenn ich mitkomme, es mir aber doch zu peinlich sein sollte beim ersten Mal schon mitzumachen?" fragte sie vorsichtig, woraufhin er lachte. "Natürlich nicht, solange du wenigstens mich anfeuerst."
"Schön, ich sehe es mir mal an und bringe mein Caleb-Anfeuerungsschild mit."
"Das ist überaus liebenswürdig von dir, aber du solltest darüber nachdenken auf das offizielle Fanshirt umzusteigen. Das ist handlicher und du kannst es sowohl im Frust- wie auch im Jubelfall werfen, ohne daß jemand verletzt wird oder es dir übel nimmt."
"Klingt wie die perfekte Ergänzung zu meinen Kapitän Rosa Rüschen Boxershorts! Am Freitag nach der Arbeit also? Hier bei 'Fit wie ein Turnschuh'?"
"Übermorgen Abend, ja, aber ehrlich gesagt würde ich das Studio in Oasis Springs vorziehen. Wenn wir uns in Willow Creek treffen wollten würde es sehr spät bei mir."
"Sicher, kein Thema. Das liegt bei mir ja auch auf dem Rückweg, ich nehme die Sporttasche einfach mit."
"Dann bis Freitag also!"
"Ja, bis dann!"


Caleb legte zufrieden auf. 'Die Falle ist gestellt. Bleibt abzuwarten, ob sie hineintappt.'  Kaum hatte er es gedacht schüttelte er bereits über sich selbst den Kopf. Es ging darum, Jade sein fehlendes Spiegelbild zu präsentieren, und nicht um eine Großwildjagd. Nur zu diesem Zweck hatte er auf dem Studio in Oasis Springs bestanden, denn dort wußte er von den großen Spiegeln. Normalerweise bevorzugte er das sowohl edlere als auch näher an Forgotten Hollow liegende Studio in San Myshuno, das sich auf dem Dach eines Wolkenkratzers befand und somit beim Training eine fabelhafte Aussicht über die Dächer der Stadt bot, doch das hatte statt Spiegeln großflächige Fensterfronten, in denen die Abwesenheit seiner Reflexion leichter zu übersehen war. Daher kam es nicht in Frage. Das Studio in Willow Creek kannte er überhaupt nicht, was es zu riskant machte seinen Plan dort in die Tat umzusetzen. Sich noch vorm Wochenende zu treffen machte es auch unwahrscheinlich, daß Beryl zufällig dort auftauchte, und er hoffte, daß der kurzfristige Termin auch dazu führen würde, daß sich die beiden Frauen vorher nicht darüber austauschen würden und die Rothaarige ihm auf diese Weise nicht noch etwas verderben konnte. Außerdem blieb ihm so das ganze Wochenende, um Fragen zu beantworten oder Jade zu beruhigen.

Er spürte bereits einen Anflug von Nervosität, ließ sich davon aber nicht beirren. Am Freitag würde er besonders nett zu Jade sein, um ihr ein letztes Mal vor Augen zu führen, daß auch ein Vampir vertrauenswürdig sein konnte, und falls sie ihm tatsächlich nur zusehen wollte wäre das sogar von Vorteil für ihn. Sie würde akzeptieren müssen, daß es Vampire gab!
Anschließend war da nur das kleine Problem mit Straud, dem Knoblauchkranz und seinen eigenen Eingeweiden, die er nicht mehr in die Nähe ihres Hauses bringen sollte, aber er hatte in den letzten Tagen eingehend den Stadtplan studiert, und ihm waren dutzende von Orte aufgefallen, an denen er mit ihr abhängen konnte. Gut, die Fernsehabende würden ihm fehlen, aber das war ihre Sicherheit wert.

Der Vampir hörte seine Schwester heimkommen und begab sich grinsend an den Schachtisch. Er war hoch konzentriert und würde es Lilith heute nicht leicht machen. Es war mal wieder an der Zeit, daß er gewann.

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