"Hallooooo! Guten Tag!" rief die junge Frau keuchend, die völlig außer Atem den Bürgersteig entlangrannte. Sie trug einen langen, altmodischen Umhang, der sich beim Rennen immer wieder in ihrem langen Rock verhedderte. An ihrem Mieder klirrten bei jedem Schritt mystische Steine an langen Schnüren.
"Bin ich zu spät? Ich komme wegen der Wohnung!" rief sie erneut, als sie endlich bei der kleinen Gruppe ankam.
Eternia war entsetzt, als sie die Kleidung der anderen sah. 'Kommt die aus dem Zirkus?!' Fassungslos starrte sie die andere Frau an. Sie war jung und nicht gerade häßlich - nicht, daß das einen Unterschied gemacht hätte bei diesem Vermieter. Aber sie sah so verzweifelt und unschuldig aus, daß es selbst auf ein Pony Eindruck machen mußte.
'Was für ein cleveres Biest!' schoß es Eternia durch den Kopf.
"Keine Sorge, junge Dame, wir wollten gerade erst mit der Besichtigung beginnen!" meinte der Vermieter fröhlich. "Ich glaube, wir hatten noch nicht das Vergnügen. Ich bin Indi, der Vermieter. Und Sie sind?"
"Guten Tag, Herr Indi", grüßte die Schwarzhaarige mit einem höflichen kleinen Knicks. "Mein Name ist Sinistra."
"Oh, da bin ich aber froh, daß ich nicht zu spät bin!" Sinistra atmete tief aus. "Ich habe mich erst verlaufen, und dann bin ich an einem Zaun hängen geblieben und hingefallen. Das ist mir ja alles so peinlich!"
"Nun beruhigen Sie sich erst einmal. Wir sehen uns jetzt alle ganz in Ruhe das Haus an, in Ordnung?"
"Sehr gerne, Herr Indi!" sagte Eternia extra laut, um sich wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit zu bringen.
Sinistra bemerkte sie jetzt erst. "Oje! Sind Sie auch hier, um das Haus zu mieten? Ich dachte Sie seien die Assistentin des Vermieters. Wie peinlich! Guten Tag!"
"Guten Tag..." preßte Eternia zwischen den Zähnen hervor. 'Meine Konkurrenz ist härter als ich gedacht habe...'
"So, wie Sie beide sehen können ist der Flur ein wenig eng geschnitten. Dafür sind die Räume aber sehr schön", erklärte der Vermieter, als sie alle im Haus waren. "Im unteren Teil des Hauses liegt das Wohnzimmer, das Bad und ein Schlafzimmer. In der oberen Etage sind die Küche, ein kleiner Hauswirtschaftsraum mit Trockenboden und ein weiteres Schlafzimmer. Kommen Sie, wir fangen im Bad an..."
"Oh ja, sehr gerne, Herr Iiiiiiiiiargh!" Sinistra, die sich noch immer kaum beruhigt hatte, stolperte vor Aufregung über ihre eigenen Füße und schlug der Länge nach hin.
"Ne, oder? Das ist ja wohl nicht wahr!" Eternia starrte ungläubig auf ihre Rivalin hinab.
"Oje, Fräulein Sinistra! Ist Ihnen etwas passiert? Soll ich Ihnen aufhelfen?" fragte Indi besorgt und trabte zu den Frauen zurück, doch Sinistra rappelte sich selbst auf und meinte zaghaft: "Danke, aber es geht schon. Ich falle andauernd hin, wissen Sie..."
Eine Viertelstunde später, als sie die anderen Räume im Erdgeschoß begutachtet hatten, führte Indi sie ins Wohnzimmer und bot ihnen an, ihre Mäntel auf einem Tagesbett abzulegen. "Und hier hätten wir also das Wohnzimmer, das Herzstück der Wohnung! Wie gefällt es Ihnen?"
"Ooooh, das ist aber schön, Herr Indi! Und dank dem Kamin ist es auch herrlich warm." Sinistra war beeindruckt. Bislang hatte ihr alles ganz hervorragend gefallen, auch wenn das Bad statt der angepriesenen Wanne nur eine Dusche hatte und das Schlafzimmer ein paar neue Tapeten gebrauchen konnte. Sie machte sich Sorgen, ob sie sich dieses Haus würde leisten können. Auch im Wohnzimmer sah die Decke arg heruntergekommen aus. Vielleicht war es doch nicht so teuer, wie es von außen aussah?
'Du willst dich einschleimen? Na warte, das kann ich besser!' dachte Eternia grimmig. Das Haus war zwar etwas altmodisch und ein wenig renovierungsbedürftig, aber es gab Möbel und einen Kamin. Sie mußte diese Wohnung bekommen, koste es was es wolle.
"Das Wohnzimmer ist wirklich ganz große Klasse, Herr Indi", schwärmte Eternia und sah sich demonstrativ um. "Hier hat jemand viel Geschmack bewiesen."
Der Vermieter lachte. "Ach bitte, meine Damen, Sie tun ja so als sei das hier eine Villa."
"Aber das ist es für mich auch!" rief Sinistra aufgeregt.
Nun mußte Eternia doch mit den Augen rollen. Die andere übertrieb maßlos. "Nein, nein, es ist wirklich nett hier!" stimmte sie aber gleich zu. Die Blondine kaute sich nervös auf der Unterlippe herum. Einerseits mußte sie Sinistra ausstechen, andererseits mußte sie aber auch versuchen den Mietpreis so weit herunterzutreiben wie möglich. "So schön es auch ist", meinte sie beiläufig, "die Sofas könnten schon mal neue Bezüge vertragen. Auch neue Kissen."
Indi schüttelte amüsiert den Kopf. "Naja. Die Möbel stammen allesamt vom Vormieter. Wie Sie sehen haben wir hier ein Gästebett, das sich auch gut als Sofa nutzen läßt, einen kleinen Arbeitsplatz und andere Möbel. Sie können alles behalten, verändern oder ersetzen, und auch ansonsten können Sie schalten und walten, wie es Ihnen beliebt. Falls sie sich der Decke annehmen wollen oder die Wände neu tapezieren möchten - nur zu."
'Mist.' dachte Eternia. Andererseits würde er für gebrauchte Möbel, die zum Sperrmüll durften, doch sicher keinen Aufpreis verlangen, oder?
Der Hengst rückte seine Brille zurecht und sah die beiden Frauen direkt an. "Nun, wo wir das halbe Haus gesehen haben, wäre es nur fair, wenn Sie beide auch etwas über sich erzählen, nicht wahr? Eternia, welchen Beruf üben Sie aus?"
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