Unbemerkt schlenderte Nareen in den Garten hinaus. Sie atmete tief durch und genoß die frühe Abendluft.
"Aaaah, wie schön. Tamara hat allerdings recht, es wird langsam sehr kalt."
Einige lose Blätter hier und da waren alles, was noch vom Herbst übrig war. Nareen war etwas traurig darüber, daß die schönen roten und goldenen Ranken weg waren.
"Die Mauer ist jetzt so leer."
Nunja, das genaue Gegenteil von ihrem Haus. Das Puppenhaus war momentan eher voll.
"Seltsam. Das Haus ist so überfüllt und trotzdem fühle ich mich ein bißchen einsam. Warum ist das so?"
Vielleicht war es alles ein wenig zu viel für sie. Die meiste Zeit ihres Lebens über war sie allein gewesen, und jetzt waren da auf einmal so viele Leute.
"Oh nein, ich bin spät dran, ich bin spät dran! Argh, warum bin ich nur so ungeschickt!"
"Huh?" Zu ihrer Überraschung bemerkte Nareen ein Mädchen im Garten. Mit ihrem langen Haar und der dunklen Haut erinnerte die Fremde sie ein bißchen an Cato. Nur ein kleines bißchen. Sie schien allerdings viel jünger zu sein.
Das Mädchen fummelte an einem Rucksack herum. Nareen trat näher an sie heran.
"Hallo!" grüßte sie. "Kann ich dir helfen?"
"Huh? Oh, hi!" Das junge Mädchen lächelte nervös. "Ist das hier dein Garten?"
"Uhm... ja, ist es. Mein Name ist Nareen."
"Hallo Nareen! Tut mir leid, daß ich hier so rumschleiche. Ich komme zu spät zum Nachmittagsunterricht, also hab ich eine Abkürzung genommen. Aber ich habe meinen Rucksack verloren, also mußte ich noch mal zurück und... ah, es tut mir leid."
Nareen lachte. "Ha ha. Jetzt atme erstmal tief durch. Wie heißt du?"
"Oh, richtig!" Das Mädchen kicherte. "Mein Name ist Nahh-Ati, schön dich kennenzulernen!"
"Oh, dann bist du die Dschinnie?"
"Nein, das ist meine Schwester, Nahh-Ato. Ich gehe noch in die Oberstufe."
'Ihre Eltern waren nicht die kreativsten Namensgeber...' dachte die Nekromantin.
"Weißt du, deine Schuhe kommen mir bekannt vor."
"Ach, echt? Jemand hat sie bei uns am Palast liegen lassen, aber es kam niemand um sie abzuholen. Sie sind niedlich, also hab ich sie behalten. Gehören sie dir?"
"Nein, du kannst sie behalten." Nareen lachte still in sich hinein. 'Ein pinkes Ding weniger im Haus!'
Natürlich ist Nahh-Ati in Wirklichkeit eine Nahh-Ato Pullip. Meine erste ist bis auf ihre Augen original, diese hier habe ich nackt und mit offenen Haaren gekauft zum Umbauen.
Aus dem Augenwinkel sah Nareen etwas glänzen.
"Huh, was ist das?" fragte sie sich und bückte sich, um das Objekt näher zu betrachten.
Es war ein kleiner Beutel aus Samt mit einem reich verzierten Metallornament. Eine rote Kordel verschloß ihn fest mit einem Knoten.
"Gehört das dir, Nahh-Ati?"
Das Mädchen beäugte den Beutel neugierig. "Nein, hab ich noch nie gesehen. Das ist niedlich! Was ist drin?"
"Ich weiß es nicht. Es ist zugeknotet." Der Knoten regte sich kein Stück. Jetzt, wo sie ihn in den Händen hielt, spürte die Nekromantin eine leichte magische Aura, die von dem Beutel ausging.
"Ach, ich glaube jetzt weiß ich wem das gehört! Das muß das Juwel sein, nach dem das bleiche Mädchen an Halloween gesucht hat!"
"Dann hoffe ich du hast ihre Nummer, damit sie es wiederhaben kann."
"Oje... Sie meinte, ich würde wieder von ihr hören, also werde ich es bis dahin sicher aufbewahren."
"Gute Idee! Es war schön dich zu treffen, aber ich muß jetzt echt los oder die anderen werden mir den Kopf abreißen!" meinte Nahh-Ati und packte ihren Rucksack fester.
"Oh, sicher! Komm mal auf eine Tasse Kakao vorbei, okay! Bis dann!"
"Wow, das mache ich! Bis dann!"
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