Ihr freundlicher Tonfall besänftigte ihn. "Ich will es versuchen, Jade, aber es ist wirklich schwer, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen und dennoch ein flüssiges Gespräch zu führen, vor allem, wenn ich dabei das Gefühl habe, daß du mir etwas verschweigst. Kannst du mir nicht endlich anvertrauen was es ist, das dich so sehr quält?" Er legte seine Hand auf ihre und sah sie eindringlich an.
"Im Moment nicht, es tut mir leid." Ihr Blick wich ihm nun aus, sie entzog ihm ihre Finger und setzte sich schnell wieder ans gegenüberliegende Tischende.


Caleb seufzte. "Wenn es etwas in der Firma ist, sei es Streß durch die Arbeit oder ein aufdringlicher Kollege, dann laß mich dir bitte helfen. Sollte dich jemand nerven schaffe ich ihn dir vom Hals, und solltest du ein Auge auf jemanden geworfen haben, dann helfe ich dir ihn kennenzulernen!"
"Du willst mir Probleme vom Hals schaffen? Was sind denn das für mafiöse Anwandlungen?" Jade entschied sich für eine sanfte Lüge. "Caleb, du kannst mir nicht bei meinem Streß helfen, okay? Das ist mein Job, und ich muß da selber durch. Du hast deine eigenen Verpflichtungen."
"Du bist wirklich unglücklich mit meiner alten Stelle, nicht wahr?" fragte er mitleidig. Ihm war es nie schwierig vorgekommen, seine Aufgaben zu erledigen, aber mit Menschen zu sprechen und den ganzen Tag unter ihnen sein zu wollen lag auch in seiner Natur.
Sein Gegenüber lehnte sich müde auf den Tisch und stützte sich mit den Armen auf. "Allerdings. Am liebsten möchte ich den ganzen Tag schreien vor Frust und nie wieder jemanden sehen."
"Auch mich nicht?"
"Doch, dich schon. Aber halt auf Abstand, Caleb. Auf Abstand."
"Na schön, Jade Sparkle. Aber auf Dauer mußt du lernen damit umzugehen, sonst wird dich dieser Streß zerstören."
"Glaub mir, das weiß ich."
"Beryl hat eine sehr gute Therapie gemacht, die sie mir empfohlen hat. Vielleicht wäre das auch etwas für dich?"

Jade sah ihn eisig an, und er begriff, daß das kein guter Vorschlag gewesen war. "Beryl und Therapie? Was soll das gewesen sein?"
"Eine Anti-Streß Therapie! Sie sagte, nichts könne sie mehr aufregen."
"Na, besten Dank auch. Wenn Beryl das gemacht hat lasse ich lieber die Finger davon."
"Warum auf einmal so feindselig ihr gegenüber? Habt ihr gestritten?" Er hoffte einen Fingerzeig darauf zu bekommen, ob die andere ihr einen Floh ins Ohr gesetzt hatte, doch er wurde enttäuscht.
"Nein, keineswegs. Aber ihre Lösungen sind nicht für mich geeignet."
"Wie bedauerlich."


"Laß uns von etwas anderem sprechen, ja? Du warst also bei meinen Nachbarn. Und, wie hat es dir gefallen?"
"Sie sind wirklich sehr nett! Wir haben gegrillt!"
"Wie? Du hattest einen Burger?!"
"Nein, ich habe ihnen im Garten Gesellschaft geleistet!"
"Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn du etwas gegessen hättest!" Sie schmunzelte.
"Hast du denn schon einmal bei einem ihrer Grillabende mitgemacht?"
"Nein. Ich mag nicht auf Liberty treffen, wer weiß was sie aushecken würde. Vermutlich wäre ich anschließend ihre beste Freundin - natürlich nur in ihrer Einbildung!"
"Meine einsame Spinnerin!" seufzte er gutmütig.
"Mein Ränke schmiedender Vampir!" seufzte sie zurück, denn ihr war natürlich klar, daß er soeben versuchte sie mehr unter die Leute zu bringen.

Caleb jedoch grinste nur breit. "Das gefällt mir!"
"Hm?"
"Ich bin gerne dein Vampir, denke ich." Endlich hatte ihre Akzeptanz ein Level erreicht, in dem sie anfing es laut auszusprechen.

Aussagen wie diese verwirrten die junge Frau, obwohl sie keine Komplimente waren. Es war ebenso rührend wie verletzend, daß es ihm so sehr fehlte sie zu umarmen, und nun wollte er ihr Vampir sein? Mit ihr gehen wollte er aber dennoch nicht. Warum war nur alles so verwirrend? Als sie noch einsam gewesen war hatte sie das Leben als herrlich einfach empfunden. Nun war alles so kompliziert.

Die Schwarzhaarige fing sich rasch wieder und meinte: "Ach so. Du weißt ja, die Haustierknappheit. Man nimmt, was man bekommen kann, selbst wenn es ein Blutsauger ist." Daß ihm dieser Spaß aber auch nicht langweilig wurde... Jade war sich nicht sicher, warum es ihm neuerdings zu gefallen schien sich als Vampir auszugeben, aber wenn er es so sehr mochte wollte sie ihm auch nicht die Freude verderben. "Ehrlich gesagt mag ich diesen Spitznamen nicht sehr für dich."
"Wieso Spitzname? Ich bin ein Vampir!"
"Selbst wenn, mein Spitzname ist auch weder 'Mensch' noch 'Frau', oder? Und 'Elfe' hast du mich trotz deiner Drohung doch noch nie genannt. Willst du mir gerade sagen, ich sei wirklich eine Spinnerin?"
"Mitnichten, du bist meine Spinnerin, die für mich die besten Geschichten erfindet! Ein himmelweiter Unterschied, und du hast mir erlaubt, dich so zu nennen!"
"Es ist mir auch sehr recht. Aber ich würde dich lieber anders nennen."
"Warum, wenn es mir gefällt?" Er schmunzelte, doch Jade sah auf die Tischplatte und zog tatsächlich einen leichten Schmollmund, was er noch nie an ihr gesehen hatte. "Ich will dich nicht genauso nennen, wie Beryl es tut."
"Ach herrje. Sag mir nicht, daß sie es dir erzählt hat..."
"Daß sie dich 'Vampirchen' nennt? Doch, hat sie."
Er gab ein entnervtes Ächzen von sich. "Ich hasse diesen Spitznamen!"
"Dann sollte ich dich erst recht nicht so nennen, oder?" folgerte die junge Frau erstaunt.
Der Vampir schüttelte den Kopf. "Teuerste, das '-chen' macht den kleinen, aber sehr feinen Unterschied."
"Wenn es dir recht ist denke ich mir trotzdem etwas anderes aus." Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte ihr Kinn auf den Händen ab. Es war spät, und sie mußte ein Gähnen unterdrücken.
Das bemerkte nun auch ihr Besucher. "Selbstverständlich ist es mir recht, von Jade Sparkle einen individuellen Namen zu bekommen!" Er lachte. "Ich denke, ich sollte mich jetzt verabschieden. Bis bald, Jade!"
"Komm gut nach Hause, Caleb!"

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