Er seufzte. "Das Thema hatten wir auch schon oft genug, oder?" erinnerte er sie mit einem strengen Blick, was sie unbeeindruckt ließ. Die Frau schnaubte und meinte: "Sicher hast du schon mal abgelehnt, aber das ist eine Weile her. Man wird doch wohl noch einmal fragen dürfen, oder?"
"Sicher, auch wenn du die Antwort kennst und ich deine Intention daher nicht verstehe."
"Meine Intention ist es doch noch mit einem süßen Kerl zu schlafen, was sonst?"
"Ich dachte, du hättest bereits einen 'süßen Kerl' an der Angel?"
"Man kann nie genug süße Kerle haben", versicherte sie ihm. "Du mußt doch Bedürfnisse haben, oder haben Vampire keine Libido?"
"Momentan bin ich wunschlos glücklich, Beryl, danke der Nachfrage", meinte er möglichst unbeteiligt. Caleb wünschte sich lediglich einen Themenwechsel herbei, wollte aber nicht unhöflich sein. Der Abend war ja auch schon viel zu lange angenehm gewesen.
Beryl sah ihn mit blitzenden grünen Augen an, und sie wirkte sehr ernst. "Überleg es dir gut. Es könnte die letzte Chance sein."
"Wie darf ich das verstehen? Hast du vor wegzuziehen?" fragte er frech und beendete endgültig seinen letzten Buchstaben im Ornament. "Ist das in Ordnung so, große Künstlerin?"
"Sicher, überlaß den Rest nur mir." Sie seufzte, holte eine Sprühdose mit grauer Farbe hervor und machte sich daran Akzente zu setzen. "Und natürlich ziehe ich nicht weg."
"Was du mir also zu sagen versuchst ist, daß deine Dates in absehbarer Zeit zu einer festen Beziehung werden könnten? Das würde mich sehr für dich freuen!" Es tat ihm zwar auch ein wenig leid für Travis, aber er hatte versprochen sich herauszuhalten, und vielleicht war Beryls Auserwählter ja sogar noch netter und weniger Spanner.
"Nein! Ganz und gar nicht!" fauchte sie unerwartet scharf. Caleb wich zurück. "Nanu, habe ich etwas derart falsches gesagt? Möchtest du vielleicht doch über deinen Liebhaber reden?"
Beryl fühlte Ärger im Magen und konnte dem Vampir einen Moment lang nicht in die Augen sehen. Sie hatte soeben wissentlich das Versprechen an Jade gebrochen die Finger von Caleb zu lassen, bis diese nichts mehr von ihm wollte, aber sie war nicht bereit dank Jades Unschlüssigkeit ewig auf diesen Tag zu warten. Sie fühlte sich eingeengt zwischen Jade auf der einen und Thilo auf der anderen Seite, die beide von ihr ein bestimmtes Verhalten erwarteten, und das, was sie wirklich gerade wollte, konnte sie nicht haben, weil Caleb so verdammt moralinsauer war!
"Caleb, sag mir einfach, was dir an mir nicht paßt, ja? Diese Ablehnung nagt ganz schön an meinem Selbstbewußtsein, also woran liegt es? Bin ich dir zu häßlich, zu dick, zu intelligent, findest du mich bedrohlich, oder was?"
"Zu rothaarig. Ich mag keine Hexen."
"Wie bitte?!" fuhr sie auf.
Der Vampir grinste. "Das war selbstredend nur ein Scherz, denn ich weiß langsam nicht mehr, was ich dir sagen soll. Du bist attraktiv, und das weißt du. Dennoch solltest du deine offensichtliche Erwartungshaltung, jedermanns Typ zu entsprechen und unwiderstehlich zu sein, schleunigst ablegen. Du selbst hast wochenlang jeden Mann, der dir begegnete, als uninteressant markiert, nun willst du mir doch nicht weismachen, daß du noch nie abgelehnt wurdest?"
"Ich wurde noch nie von einem alleinstehenden Kumpel abgelehnt, außer er war schwul! Bist du schwul? Wie kann man 'nein' sagen zu bedingungslosem Sex?!"
"Bin ich nicht, nein. Und du solltest lernen mit Zurückweisung umzugehen. Es ist mir bewußt, daß es unter euch jungen Leuten en vogue ist Sex als spaßigen Zeitvertreib ohne moralische Grenzen hinzustellen, und ich nehme mich nicht davon aus in deinem Alter ähnlich gedacht zu haben. Doch mit der Zeit wird diese Art zu leben schal. Um es ganz ehrlich zu sagen, Beryl - das, was du mir anbietest, hatte ich zu genüge und mehr davon fände sich bei Interesse in jedem Nachtclub. Es tut mir leid, wenn das dein Selbstwertgefühl verletzt, aber du bist kein einzigartiges Einhorn, das mir den goldenen Gral verspricht. Ich ziehe es vor mit dir einfach nur befreundet zu sein, und dein ständiges Nachbohren trotz meiner deutlichen Worte sorgt dafür, daß ich bisweilen nicht sehr gerne Zeit mit dir verbringe." Caleb sah ihr stoisch dabei zu, wie sie das Street Art zu vollenden versuchte und gab ihr Farbdosen an, die er für gerade benötigt hielt.
"Tut mir leid", entschuldigte sie sich schlicht, auch wenn sie es nicht so meinte. Mit verkniffenem Mund arbeitete sie weiter. "Wie alt bist du eigentlich?" fragte sie mißtrauisch, doch er blockte die Frage ab. "Alt genug, um jeden Trend kommen und gehen gesehen zu haben und mich längst nicht mehr für Sex ohne Liebe zu interessieren."
Sie rief aus der Hocke zu ihm hinauf: "Aber ich liebe dich doch! Als guten Freund!"
"Das freut mich zu hören und beruht auch auf Gegenseitigkeit, aber das ist nicht die Art von Liebe, die ich meine, und auch das ist dir bewußt. Hör mit den Wortklaubereien auf, ja?"
"Man kann auch Sex haben und sich im Nachhinein verlieben, weißt du? Die meisten meiner Beziehungen haben so angefangen."
"Ah, willst du mir also sagen, daß du durch 'bedingungslosen Sex' Gefühle für mich zu entwickeln gedenkst?" fragte er spöttisch und zog die Brauen hoch.
"Das wohl eher nicht, aber mal Hand aufs Herz: Wenn du selbst Freundinnen keine Chance gibst, wann glaubst du diese Liebe zu finden?"
"Vermutlich nie." Caleb sah sie ruhig und ernst an, und der Rothaarigen klappte der Kiefer herunter. "Nie?! Du glaubst, daß du für immer allein sein wirst, und willst trotzdem keinen Sex? Was stimmt nicht mit dir?!"
"Ich bin ein Vampir!" Ungerührt zuckte er mit den Schultern. "Wir sind kompliziert!"
"Nein, ich glaube, nur du bist kompliziert!" schnaubte Beryl und reichte ihm die letzte Dose zurück. "Fällt dir der Widerspruch denn nicht auf?!"
"Es ist kein Widerspruch, Beryl. Da mir nichts fehlt suche ich nicht aktiv, und bislang hatte jede Frau, die mich angesprochen hat, lediglich dieselben Beweggründe wie du. Wieso sollte ich also annehmen, daß der Status Quo sich nach so langer Zeit ändern könnte?"
Der Vampir fühlte eine Welle von Traurigkeit über sich kommen und kämpfte dagegen an. Ja, was sollte sich ändern? Abend für Abend eine andere Frau, Abend für Abend die gleichen Floskeln, die gleichen Umarmungen, die gleichen Küsse... Wie hätte er vor diesem Hintergrund eine Beziehung führen sollen, und wozu? Romantische Novellen waren der einzige Weg nicht zu vergessen, wie sich diese Dinge für Menschen anfühlten. Er genoß die Geschichten und Erinnerungen, aber für ihn waren solche Gefühle in schier unerreichbare Ferne gerückt. Das war nun einmal der Preis, den er dafür zahlte nicht wie Lilith sein zu müssen.
Der Blick seiner grauen Augen bohrte sich in Beryls, als ihn eine Welle der Verzweiflung überkam, weil sie es schaffte diesen Abend zu ruinieren, der so vielversprechend angefangen hatte, und nach der gestrigen Begegnung war er ohnehin schon in schlechter Gemütsverfassung. "Es ist mir unklar, warum dich mein Liebesleben so sehr interessiert, aber es wäre mir lieb, wenn du dich stattdessen um dein eigenes kümmern würdest. Noch bist du jung und kannst tun was dir beliebt, doch nur einer von uns kann sich beliebig oft neu orientieren ohne es irgendwann zu bereuen."
"Du bist nicht ehrlich, weder zu dir noch zu mir."
"Oh doch, ich bin sogar ehrlicher zu dir, als mir lieb ist, und mich selbst kenne ich lange genug, vielen Dank. Wäre ich nicht ehrlich zu dir hätte ich dir sagen können, daß ich mir einen Harem in Simssylvanien halte, in eine Taube verliebt bin wie der gute alte Tesla damals, selbstredend nur Vampirinnen als Partner akzeptiere, in diesem Jahrzehnt nur reife Frauen über 40 mag oder Lilith nicht wirklich meine Schwester, sondern meine geheime Ehefrau ist. Es hätte Unmengen von Ausreden gegeben. Ich sage dir ehrlich, daß ich dich nicht begehre und auch keine andere, also akzeptiere es einfach."
Schweigend ließ die Malerin seinen unerwarteten Redeschwall über sich ergehen, der ihr zu hastig vorkam, erwiderte seinen Blick und überlegte, ob sie Mitleid hatte und ihm doch noch einen mehr als deutlichen Hinweis auf Jades Gefühle geben sollte. Sie entschied sich dagegen, weil sie sauer darüber war als eine von vielen hingestellt zu werden und sich so unattraktiv zu fühlen dank ihm. Sollte Jade doch scheitern, dann mußte sie wenigstens nicht neidisch sein.
Um über ihre Verstimmung hinwegzutäuschen setzte die Rothaarige daher nur ein kleines Lächeln auf. "Wir sind fertig! Ist doch richtig genial geworden!"
"Das ist wahr! Es sieht toll aus!" Caleb ging auf den Themenwechsel mehr als freudig ein.
"Komm, laß uns ein paar Fotos machen, ehe der nächste Regen es wegwäscht!"
Der junge Mann stimmte zu. Sie fotografierten sich gegenseitig mit dem Graffiti, und schließlich schoß Beryl noch ein Selfie von ihnen zusammen. "Das ist doch gut geworden, und du bist gar nicht mal so unscharf!"
"Hervorragend, dann kann ich es Jade zeigen." Der Vampir lächelte vergnügt.
Beryl seufzte. "Sag mal, hörst du dir gelegentlich eigentlich selbst zu? Immer heißt es 'Jade, Jade, Jade'!"
"Hm? Ich bin gerade mit dir zusammen, daher kann es wohl kaum 'Beryl, Beryl, Beryl' heißen, und ich dachte es wäre in deinem Sinne, wenn deine Freundin auf dem neusten Stand ist, wo ihr euch so selten sprecht in letzter Zeit. Wenn du möchtest schicke ich dir morgen gerne zum Ausgleich ein Selfie von ihr und mir vorm Opernhaus zum Kommentieren."
"Nein, danke, ist schon gut."
"Was ist dann das Problem? Jade und ich stehen uns nun einmal sehr nahe."
"Und wir zwei?"
"Wir auch, nur nicht ganz so nahe wie sie und ich."
"Und trotzdem genügt es bei keiner von uns, damit du dich in sie verliebst?"
"Ach bitte, laß Jade da raus, Beryl! Man könnte schon fast meinen du seist eifersüchtig auf meine Freundschaft mit ihr! Vorgestern war ich bei Travis, willst du auf den auch neidisch sein? Oder auf Lilith? Du bist doch diejenige, die ständig beschäftigt ist! Und um Liebe geht es dir auch nicht, wie wir soeben besprochen haben. Überdies, wieso sollte überhaupt ich mich in meine Vertrauten verlieben, aber nicht du? Du hast einen Liebhaber. Es würde dir gut zu Gesicht stehen dich auf ihn zu beschränken bis du dir sicher bist, ob er zu einem der Fälle wird, bei denen du dich im Nachhinein verliebst." Er versuchte nicht vorwurfsvoll zu klingen, aber er verstand seine Begleiterin im Moment überhaupt nicht und war sich nicht einmal sicher, ob sie selbst wußte, worum es ihr ging.
Die Rothaarige sah ihn überrascht an und ignorierte den Großteil seiner Frage. "Du warst tatsächlich bei Summers WG?"
"Selbstredend, so wie du es vorgeschlagen hast, und ich habe mich mit Summer und Travis angefreundet. Es sind wirklich sehr nette Leute, deren Bekanntschaft ich bereits nicht mehr missen möchte. Du wirst daher von nun an auch des öfteren 'Travis, Summer, Travis' von mir hören, nur bin ich bislang nicht dazu gekommen dank deiner Themenwahl heute. Danke übrigens für den Schubser in die richtige Richtung!"
"Gern geschehen." Sie seufzte schwer. "Ich muß langsam nach Hause."
"Dann begleite ich dich noch ein Stück", bot er an, weil es die Höflichkeit verlangte und er zur Zeit etwas übervorsichtig bezüglich Überfällen war, und sie akzeptierte.
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