Jade und Caleb kamen gerade von einem recht enttäuschenden Spaziergang im Stadtpark von Willow Creek zurück in ihr Haus, als Jade im Flur deutlich langsamer wurde. Er sah selbst ihrem Rücken an, daß sie mit einer Entscheidung kämpfte, und wartete stumm ab, bis sie sich sammelte.
"Das war ja mal eine Pleite mit dem Park", fing sie erneut an. Sie hatten im Park und auf dem Rückweg bereits mehrfach darüber gesprochen, und so sagte er erneut: "Wir konnten ja nicht wissen, daß er gerade umgestaltet wird. Dafür haben wir noch den alten Zustand gesehen und können später über die Neuerungen diskutieren, wenn alles fertig ist."
"Das stimmt. Und der Straßenmusikant auf dem Rückweg war auch echt nicht schlecht." Sie blieb stehen, und er entsprechend hinter ihr ebenfalls. "Caleb, hast du Lust auf ein Gedankenspiel?"
"Sicher." Vielleicht würde er endlich erfahren, was sie schon den ganzen Tag so sehr beschäftigte. Sie war oft abwesend gewesen, hatte ihn ständig angeschaut und weggesehen, sobald er es merkte, als trüge sie sich mit einer schweren Last, die sie sich endlich von der Seele reden wollte, es aber dann doch nicht wagte. Es war gewesen, als sei all ihr seltsames Verhalten der letzten Wochen noch einmal komprimiert Revue gelaufen, und er machte sich Sorgen um sie, weil es ihr eine ganze Weile lang so viel besser zu gehen schien. Und nun das...

Jade holte tief Luft. Es mußte einfach sein. Es war so schön gewesen mit ihm rauszugehen, ihn so schnell wiederzusehen, ihn zur Begrüßung zu umarmen. Die Unterhaltung von gestern ging ihr nicht mehr aus dem Kopf, als er zugegeben hatte auch nicht immer so fröhlich zu sein wie er sich gerne gab. Ständig hörte sie ihn in ihrem Kopf ihre Plätzchen loben, und sie erschauerte warm in ihrem Innersten, wenn sie an die Nähe auf ihrem Bett dachte, die sie sich gestern durch den Lachanfall unfreiwillig von ihm erschlichen hatte. Wenn sie jetzt nichts sagte würde sie an ihren Tränen ersticken.
"Stell dir vor, du möchtest etwas tun. Du möchtest es so sehr tun, nein, du willst es unbedingt tun."

Er verkniff sich den Anflug eines schlüpfrigen Witzes und hörte weiter zu, während er in Gedanken mehrere Themen durchspielte, um die es gehen könnte. Sprach sie von ihrer Musikarriere? Hatte sie endlich vor ins kalte Wasser zu springen? Ihre Wortwahl und daß sie kurz zuvor noch einem Musikanten gelauscht hatten ließen ihn direkt daran denken.
"Aber du weißt auch, daß dieses Etwas das Potential hat, dein Leben, wie du es kennst, völlig zu ruinieren. Alles könnte sich ändern und du könntest etwas verlieren, das dir das allerwichtigste in deinem Herzen ist. Würdest du es trotzdem tun?"
"Das kommt darauf an. Warum will ich diese Sache denn unbedingt tun, und ist es nur ein Drang aus einer Laune heraus oder sehe ich darin auch das Potential mein Leben im Gegenteil enorm zu verbessern?" hakte er nach und betrachtete aufmerksam ihre nackte Schulter, wo ihr Schlabberpulli wie üblich rutschte. Ihre Muskeln waren angespannt, sie stand unter enormem Streß.

Sie sagte leise: "Du glaubst nicht mehr atmen zu können, wenn du es nicht tust, so sehr brennt es in deiner Brust. Nachts kannst du nicht mehr schlafen, weil du so sehr daran denkst, und wenn du auch nur in die Nähe kommst von dem, was dir so wichtig ist, bist du vor Angst wie gelähmt, weil du es nie wieder reparieren kannst, wenn du es zerbrichst. Aber du wünscht dir so, so sehr, daß es nicht kaputt geht und du es trotzdem haben kannst."
Jetzt war er sich sicher, daß es nur um ihre Karriere gehen konnte. Nichts war ihr so wichtig wie die Musik und bereitete ihr zugleich so viel Furcht. Hatte sie Sorge wegziehen zu müssen? Das würde er sehr bedauern. Oder war es nur Panik davor, von den Arbeitgebern oder Fans nicht angenommen zu werden und die Sicherheit ihrer jetzigen Stelle aufzugeben? Der junge Mann wollte unbedingt, daß sie ihrem Traum folgte. Dafür war sie geschaffen! Und sie haßte ihren Bürojob so sehr, auch wenn sie das volle Ausmaß ihrer Abneigung vor ihm zu verbergen versuchte. Also schluckte er den Kloß in seinem Hals hinunter, den ihr inniger Appell ihm eingebracht hatte, und sagte fest: "Dann würde ich es tun."
"Wirklich?"
"Ohne jeden Zweifel."
"Okay." Jade setzte sich langsam wieder in Bewegung, trottete nachdenklich den Flur entlang.
"Und?" hakte er nach. "Denkst du, du wirst es tun? Oder nicht?"
"Soll ich wirklich, auch wenn es unglaublich dumm ist?"
"Sicher! Dumme Dinge zu tun ist das Vorrecht der Jugend, und wer nichts wagt bleibt immer Mittelmaß! Du würdest in dem neuen Job..."
Sie wirbelte herum, sah ihm mit ängstlicher Entschlossenheit ins Gesicht und verschloß seine Lippen mit einem Kuß.

 

'W... Was?!' Er wußte gar nicht, wie ihm geschah. Selbst seine Gedanken gerieten ins Stocken, sein Kopf war plötzlich völlig leer. Ehe er auch nur daran denken konnte den Kuß zu erwidern trat Jade bereits von ihm zurück. Caleb starrte sie an.

 


Sie starrte zurück und schien einer Panikattacke nahe zu sein. Ein deutliches Zittern ergriff von ihr Besitz.
"Tut mir leid. Ich bin so blöd!" Sie rannte ins Schlafzimmer.
Ohne nachzudenken folgte er ihr, damit sie sich nicht einschloß, blieb dann jedoch unschlüssig im Türrahmen stehen. Jade saß bleich auf der Bettkante wie ein Häufchen Elend und wagte nicht ihn anzusehen. Da sie ihn aber nicht anschrie, er solle gehen, ließ er sich doch neben ihr nieder.

Eine Weile saßen sie stumm da. Sie atmete schwer und drehte die Kopfbedeckung in ihren Händen, weinte aber nicht. Schließlich fragte er leise: "Was war das gerade, Teuerste?"
"Das hast du doch gemerkt", flüsterte sie, "Ich hab gepokert und alles kaputt gemacht."
"Was willst du kaputt gemacht haben?"
"Ich habe alles falsch gemacht, und du wolltest das gar nicht, und jetzt willst du bestimmt nichts mehr mit mir zu tun haben, weil ich mir nur eingebildet habe, daß du... ich..." brachte sie abgehackt hervor und starrte auf ihre Hände. Dann warf sie frustriert ihre Mütze in die Ecke, aber die Bewegung war völlig ohne Schwung und sie sah nur traurig drein.

 


"Hey", unterbrach er sie sanft und berührte sie vorsichtig am Kinn, damit sie ihn ansah. "Du hast gar nichts falsch gemacht. Ich war nur überrumpelt."
Jade wehrte sich nicht gegen die Berührung, sah aber trotzdem an ihm vorbei. "Gib's doch zu, es war peinlich. In meinem Alter nicht mal zu wissen wie man richtig küßt, weil man so unscheinbar ist, daß einen keiner je angeguckt hat, und sich dann einzubilden jemand wie du..."

Jade wollte nur noch losheulen. Was hatte sie sich bloß dabei gedacht?! Sie hatte ihm ihre Gefühle gestehen wollen, doch die Worte wollten ihr einfach nicht über die Lippen kommen. Sie hatte es nicht fertig gebracht etwas zu sagen. Als ihre Knie zu Wackelpudding zu werden drohten und ihr Fluchtreflex so laut in ihren Kopf hineinschrie, daß sie schwarze Flecken vor den Augen bekommen hatte, hatte sie all ihren Mut zusammengenommen und versucht es ihm ohne Worte mitzuteilen, auf die einzige Art, die ihr einfiel. Es war wundervoll gewesen, erschreckend und gleichzeitig absolut haarsträubend, wie unbeholfen sie sich angestellt hatte. Sie hatte keine Ahnung gehabt, was sie da tat und wie man es richtig machte. Bestimmt war es furchtbar für ihn gewesen. Und jetzt würde er sie hassen, weil sie ihm zu nahe getreten war. Ihr Herz tat so weh!

Ungläubig sah der Vampir sie an. Sie hatte ihm gerade ihren ersten Kuß geschenkt? Es war nicht nur eine spontane, irrwitzige Idee gewesen, sondern tatsächlich ein Ausdruck ihrer Gefühle? Plötzlich ergaben alle Merkwürdigkeiten der letzten Wochen einen Sinn. Deshalb hatte sie nach seinem Ring gefragt und ob er verheiratet sei. Deshalb all die Situationen, in denen sie plötzlich scheu gewesen war und ihm nicht sagen wollte wieso. Deshalb war sie so wütend gewesen über seine Vorschläge sie zu verkuppeln. Das Date, nach dem sie gefragt hatte, war nicht der doppelten Dosis Sakura-Tee geschuldet gewesen! Beryls Anspielungen... waren keine, sondern konkrete Fingerzeige. So viele kleine Dinge fielen ihm ein, mit denen Jade auf ihre naive Art versucht hatte ihm näher zu kommen, und die er falsch gedeutet hatte, weil er sich nicht hatte vorstellen können, daß sie so empfand, da noch nie zuvor jemand so für ihn empfunden hatte. Jade fühlte doch anders, oder? Sie konnte nicht so sein wie Beryl und all die anderen. Sie durfte nicht so sein... Nun konnte auch er kaum noch atmen.

Caleb riß sich aus seinen Gedanken. Er mußte etwas auf ihre Selbstzweifel antworten, ehe sie doch zu weinen anfing.
"Es ist eine Ehre, von einer so schönen und inspirierenden Frau wie dir ein so wertvolles Geschenk zu bekommen."
"Aber..."
"Dann hat es eben nicht so perfekt geklappt wie du es dir gewünscht hattest, was soll's?" unterband er ihren erneuten Einwand mit einem leisen Lachen und sah ihr tief in die feuchten Augen, als sie ihn endlich anblickte. Sie war so ungewollt niedlich in ihrer Unsicherheit, daß er impulsiv sagte: "Wie oft habe ich dir schon gesagt, daß man üben muß für den gewünschten Erfolg?"
Ihre braunen Augen weiteten sich.
"Möchtest du es noch mal versuchen, Jade?"
"Ja..."

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