Während sie die Stufen zur Straße hinabstiegen beschäftigte den Vampir bereits eine Frage. "Wieso glaubst du, es könne mir zu hell sein?"
"Na, weil es dir auf dem Flohmarkt und auch am Wochenende an den Docks zu hell war. Du hast doch eine Sonnenallergie, oder?"
"So etwas ähnliches", meinte Caleb und seufzte innerlich. Daß sie sich solche Details merkte war sehr aufmerksam von ihr, doch einen Moment lang hatte er geglaubt die Frau hätte nach ihrem Gespräch mit Beryl seine Spezies nun doch erkannt. Er war hin- und hergerissen zwischen Freude und Enttäuschung, brachte es zugleich aber nicht über sich etwas zu sagen. Bestimmt würde sie den Knoblauchkranz direkt wieder abnehmen wollen, wenn sie es wüßte.
"Es muß wirklich schlimm sein, die Sonne nicht zu vertragen", sinnierte Jade, die nichts bemerkte, "Erstaunlich, daß du Beryl getroffen hast. An deiner Stelle wäre ich wohl nie freiwillig nach Oasis Springs gegangen."
"Meine Lichtempfindlichkeit ist kein übermäßig großes Hindernis. Zugegeben, ich mag die Sonne nicht besonders, doch im Endeffekt werde ich lediglich ein wenig müde, wenn das Licht mich zu lange auslaugt", versuchte er das Thema zu beenden, ehe er ein anderes aufgriff, welches ihn nun auch bereits eine Weile beschäftigt hatte. "Aber wo du gerade Beryl ansprichst - sie ist eine tolle Freundin, nicht wahr?"
"Ja, ich denke schon", antwortete Jade, der plötzlich ein Kloß im Hals steckte, recht kleinlaut. Von ihm Schwärmereien über Beryl zu hören war so ziemlich das letzte, worüber sie reden wollte.
Calebs Miene blieb jedoch ernst und er blieb stehen, woraufhin auch sie innehielt. "Ich weiß, daß man sehr gut mit ihr plaudern kann und sie auf viele Fragen eine Antwort weiß. Doch Jade, bitte versprich mir, sie nicht zu toll zu finden", bat er sie sanft, aber eindringlich.
Die Frau sah ihn verblüfft an. "Wie bitte? Sie meinte, du wolltest uns zu Freunden machen, stimmt das etwa nicht? Wieso sagst du nun so etwas? Ist es dir nicht recht, daß wir uns kennen?"
"Mitnichten! Es ist nicht so, daß ich dir diese Freundschaft nicht gönne, und ich wollte euch in der Tat einander vorstellen", fing der Vampir etwas unglücklich an und überlegte, wie er sich ausdrücken sollte. "Allerdings kann Beryl auch sehr anstrengend sein, und ich wäre vermutlich überfordert, wenn das auf dich abfärben sollte."
"Anstrengend?"
"Ist dir noch nicht aufgefallen, daß Beryl sehr klare Vorstellungen vom Leben hat? In manchen Punkten ist das ein sehr angenehmer Charakterzug, und sie hat von wirklich vielen Dingen sehr viel Ahnung. Wenn es um Kunst, Handwerkliches oder Rezepte geht gibt es sicher nicht viele, die bessere Ansprechpartner wären als sie, aber es gibt auch gewisse Themen und Angewohnheiten, bei denen sie über jede Grenze hinwegjagt wie ein Wirbelsturm."
"Oh!" rief Jade und dachte prompt an den verflixten Knoblauchkranz. "Ich glaube, ich weiß, was du meinst, aber hast du vielleicht ein konkretes Beispiel?"
Er sah sie traurig an und wirkte zerknirscht. "Nehmen wir den Montag, als sie dir gegenüber in den Raum warf mich zwischen euch zu teilen, was zweifelsohne hieß gemeinsam in deinem Schlafzimmer zu verschwinden."
"Aber das war doch nur ein Scherz!"
"Hättest du es gesagt hätte ich es auch so aufgefaßt und den Spruch für lustig befunden, Teuerste. Das Problem ist, daß Beryl solche Kommentare ernst meint."
"Nein, das meinte sie nicht ernst!" rief Jade ungläubig.
"Oh doch, das tat sie. Du kennst diese Seite an ihr vermutlich noch lange nicht so gut wie ich. Hättest du auch nur die geringsten Anstalten gemacht darauf einzugehen, und sei es nur zum Scherz, hätte sie das mindestens als Vorwand genommen mich zu küssen, und ich hätte mich wehren müssen. Ich mag Beryl sehr gern, aber nicht auf diese Weise, und das weiß sie auch. Trotzdem läßt sie nicht locker, und ich traue ihr zu dich zu manipulieren, um sich selbst eine Steilvorlage für einen weiteren Vorstoß zu sichern. Sie ist sehr geschickt mit Worten, also sei bitte einfach vorsichtig, wenn es um romantische Angelegenheiten geht, ja? Ich glaube nicht, daß ihre Bemühungen komplett auf mich beschränkt sind, und ich möchte mir nicht vorstellen müssen, in welche Bedrängnis du geraten könntest, wenn du mit ihr um die Häuser ziehst und sie andere Männer so anspricht, wie sie es mit mir tut. Sie ist derartig mannstoll im Moment, daß ich ihr ohne Zögern zutraue dich mit hineinzuziehen."
Die junge Frau starrte ihn einen Moment lang an, unsicher, was sie angesichts des völlig ungewohnten Themas antworten sollte. Caleb hatte noch nie mit ihr über solche Dinge gesprochen und sie war sich nicht sicher, ob er sich mehr Sorgen um sie oder um sich selbst machte.
Schließlich meinte sie herausfordernd: "Und wenn ich auch mannstoll sein will?" - "Dann akzeptiere ich meine Fehleinschätzung natürlich und will nichts gesagt haben!" Caleb machte eine entschuldigende Geste. "Zieh los und mach mit ihr die Bars unsicher, wenn dir danach sein sollte. Dein Liebesleben geht mich selbstredend nichts an. Nur solltest du anfangen, dich in ihre sogenannten Scherze mir gegenüber einzuklinken und ich deswegen Beryl am Hals haben, werde ich mich auch gegen dich wehren, und das tun zu müssen würde mich sehr traurig machen." Ihr Freund zuckte hilflos mit den Schultern. "Allerdings würde ich meinen, dich besser zu kennen. Beryl Landon ist aus meiner Sicht das genaue Gegenteil zu meiner romantischen Spinnerin Jade Sparkle."
Nun war es Jade, die unsicher dreinschaute. Er hatte also wirklich nichts dagegen, wenn sie losziehen und mit anderen Männern anbändeln würde? Und er würde sich gegen sie wehren? Sie hatte es befürchtet, auch wenn ein winziger Teil von ihr immer noch hoffte, daß er nur cool tat. "Ich verstehe es nicht... Du sagst mir gerade, daß ich nicht mit dir flirten soll, dabei hast du vor einigen Tagen noch gesagt, daß du es magst, wenn ich dir Komplimente mache. Was habe ich falsch gemacht?"
"Gar nichts, Jade. Ich sagte doch, daß ich den Spruch von dir lustig gefunden hätte, allerdings auch für gefährlich in Beryls Beisein. Was ich mir wünsche ist nicht, daß du dir das Wort verkneifst, sondern lediglich, daß du Beryl keinen Vorwand lieferst sich Männern an den Hals zu werfen. Wähle deine Worte mit besonderem Bedacht, wenn du in Beryls Beisein auf Männer triffst, ja?"
"Okay, ich denke jetzt verstehe ich, was du meinst. Das will ich tun."
"Danke. Nur um sicherzugehen: Dir ist aufgefallen, daß ich ebenfalls ein Mann bin, ja?" fragte er in scherzendem Plauderton, um das Gespräch in etwas weniger ernste Gefilde zurückzusteuern, doch Jade sah ihn prompt mit großen Kulleraugen an. "Oh ja, das ist mir aufgefallen." Sie sagte es mit solch großer Ehrfurcht, daß Caleb lachen mußte. "Siehst du, genau das meine ich! Das war ein 100% Jade Sparkle Kommentar! Ich mag mir gar nicht vorstellen, was Beryl nun gesagt hätte. Vermutlich hätte sie es überprüfen wollen, und deshalb hätte ich den Scherz ihr gegenüber niemals gemacht."
"Überpr..." Der jungen Frau schoß das Blut ins Gesicht und sie wußte nicht, wohin sie schauen sollte. "Du meine Güte!"
Er lachte noch fester. "Ja, eindeutig eine Sparkle Reaktion. Noch sind keine negativen Auswirkungen des Landonschen Einflusses festzustellen! Da fällt mir glatt ein Stein vom Herzen!"
"Duuuu... Manchmal bist du doch genauso schlimm wie sie!" fuhr sie unsicher auf.
Schlagartig wurde er ernst. "Moment, empfindest du wirklich so, Jade? Sollte ich jemals den Eindruck erweckt haben, dich tatsächlich unredlich bedrängen zu wollen, dann tut es mir wirklich sehr, sehr leid. Ich dachte, wir verstünden uns gerade in dem Punkt perfekt und es sei unsere Art von Humor. Es war nie meine Absicht dich glauben zu lassen es sei ernst gemeint, wenn ich solche Avancen dir gegenüber mache. Es handelt sich nur um freundliche Neckereien unter Freunden, ich würde gerade dir als meiner engsten Vertrauten niemals zu nahe treten wollen!"
Da war sie, ihre Bestätigung, daß sie sich all sein Flirten nur eingebildet hatte. Jade hatte das Gefühl in tausend Splitter zu zerspringen, und sie hatte Mühe sich zusammenzureißen und nicht vor ihm in Tränen auszubrechen. Leise sagte sie: "Entschuldige bitte. Es ist mir nur so herausgerutscht. Ihr seid beide so... so offen, was solche Dinge angeht. Ich bin da eher... naja, du nennst es 'romantisch', Beryl würde es als 'verklemmt' bezeichnen."
"Siehst du, genau das meine ich! Schon versucht sie dich zu manipulieren! Du bist nicht verklemmt, nur weil du zurückhaltend bist und gute Manieren hast, Jade Sparkle." Bei diesen Worten sah er reichlich verstimmt aus.
"Ach, dann hast du keine Manieren?"
"Wie es ausschaut nicht, deshalb bewundere ich dich so." Caleb grinste direkt wieder. "Hand aufs Herz, Jade, bin ich dir zu nahe getreten?"
"Nein... Ich... bin solchen Humor nur nicht gewohnt. Aber er stört mich nicht!"
"Wenn dir mein Verhalten je unangemessen erscheint, dann zögere nie etwas zu sagen, ja? Das ist mir wichtig! Wollen wir weitergehen?"
"Wie wäre es, wenn die hoffnungslose Romantikerin dir statt dem öffentlichen Garten zunächst ihren Lieblingsplatz zeigt?" fragte sie versöhnlich, was ihr einen neugierigen Blick von ihm einbrachte. "Deinen Lieblingsplatz? Hier in der Nähe? Worauf warten wir noch?"
"Na, dann komm mit! Es sind auch nur ein paar Schritte, ich war völlig überrascht, mitten in der Siedlung so etwas wie den Feenbaum zu finden!"
"Was habe ich mir unter einem Feenbaum vorzustellen?" fragte er verwirrt.
"Sieh ihn dir selber an, dann weißt du's!" Sie lächelte und ging vor, damit er nicht sehen konnte wie sie versuchte sich zu fangen. Hoffentlich würde ihr geliebter Baum sie ein wenig trösten können.
Als sie aus dem Schatten des Baums traten, in dem sie bislang gestanden und geplaudert hatten, vernahm sie hinter sich ein unterdrücktes Fauchen, das ihr die Nackenhaare aufstellte. Sie kannte das Geräusch, wenn sie es auch sonst nur durch ihre geschlossene Haustür hindurch gehört hatte. Jade erstarrte und drehte sich langsam um. Sie bekam gerade noch mit, wie Caleb unzufrieden ins Licht blinzelte und die Hände kurz zu Fäusten ballte. "Was war das?" - "Was war was?" - "Da war ein Geräusch, wie ein hissender Kater. Warst du das?" - "Ich weiß nicht, was du meinst, Teuerste. Mag sein, daß da etwas war. Es tut mir leid, ich war gerade vom Wetter abgelenkt." Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen und verfluchte innerlich die Sonne, die ihn kurz dermaßen heftig erwischt hatte, daß seine Fänge instinktiv geschmerzt hatten.
Die Schwarzhaarige rieb sich unbehaglich den Arm. Das war gruselig gewesen. Wurde sie gerade von Caleb veralbert? Hatte Beryl den ganzen Vampirkram nur als Vorbereitung für einen elaborierten Streich erzählt, weil sie mit ihm unter einer Decke steckte? Was sollte es sonst gewesen sein, wenn nicht er? Aber er sah sie dermaßen unschuldig an, daß sie an ihrem Gehörsinn zu zweifeln begann. Vielleicht hatte sie sich das Geräusch doch nur eingebildet, oder es war etwas auf dem Fluß gewesen? Vielleicht stritten am Ufer tatsächlich zwei Katzen miteinander, auch wenn sie noch nie welche in der Stadt gesehen hatte. Sie drängte den Gedanken aus ihrem Kopf und ging weiter.
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