Selten war ihr ein Wochenende so lang vorgekommen wie dieses, und noch nie dermaßen unnütz. Das Warten hatte Beryl völlig zermürbt und sie hatte nach der Arbeit fast pausenlos gemalt, um die Zeit totzuschlagen, mit gelegentlichen Pausen, in denen sie sich im Garten um ihre Pflanzen gekümmert und sehnsüchtig über die Straße gestarrt hatte.
Nun war es endlich Montag Abend, und sie machte nach der Arbeit gut gelaunt und gespannt einen Zwischenstopp daheim, um satt und vor allem geduscht im Club aufschlagen zu können. Die Nacht war schließlich noch lang. Sie war guter Dinge und gerade fertig mit ihrem Make-up, als es klopfte. "Potzblitz! Ausgerechnet jetzt!"


Schnell lief sie zur Tür, um den unerwarteten Gast fortzuschicken. Draußen stand Lilith. Beryl erstarrte. "Oh, hallo, Lilith!" grüßte sie gedrückt. Sie hatte auf einen unwichtigen Störenfried gehofft, den sie einfach hätte abwimmeln können. Calebs Schwester mußte sie wenigstens kurz hereinbitten, alles andere wäre unhöflich gewesen. Auch wenn sie hoffte, daß ihr Gespräch nicht an dem Punkt anknüpfen würde, an dem sie das letzte unterbrochen hatten.
"Guten Abend, Beryl! Darf ich reinkommen?" fragte Lilith mit einem breiten Grinsen, welches noch keine sehr intensive Grüntönung zeigte, doch auf dem besten Weg dorthin war angesichts der Knoblauchnote draußen.
"Bitte, ich habe allerdings nicht viel Zeit." Mit einer einladenden Geste trat Beryl zur Seite und die Vampirin huschte an ihr vorbei, um dann schmunzelnd zu fragen: "Habe ich dich dermaßen verängstigt, daß du mich gleich wieder loswerden willst? So hatte ich dich gar nicht eingeschätzt."
Beryl seufzte. "Ach, Unsinn! Hör mal, ich hab da was klar gemacht und bin gleich verabredet. Es sieht nicht gut aus, wenn ich nicht auftauche, also können wir das hier bitte kurz halten? Besuch kommt mir gerade ein wenig ungelegen."
"Aaaah, verstehe! Das tut mir sehr leid für dich", meinte ihr Gast mit ausdrucksloser Miene.
"Wie bitte?"
"Du mußt wissen, mein Bruder ist auch gleich hier. Vermutlich will er dafür sorgen, daß ich mich nicht daneben benehme, und außerdem ist er extrem schräg drauf und braucht wohl ein wenig Zuspruch von seinen Menschenfreundinnen, denn mit mir redet er nicht darüber, welche Laus ihm über die Leber gelaufen ist." Sie zog eine belustigte Grimasse, als es auch schon erneut klopfte.


Die Rothaarige ließ den Kopf hängen und öffnete auch ihm. "Hey, Caleb... komm rein", seufzte sie.
"Guten Abend, Beryl!" grüßte Caleb verwundert und trat ein. So kannte er die forsche Malerin gar nicht. Zwar lächelte sie, aber es schien sehr gezwungen. War irgendetwas weltumspannendes passiert und er hatte es als einziger verpaßt, so daß alle um ihn herum so seltsame Launen hatten? Oder hatte Lilith seine Freundin tatsächlich bereits geärgert in den paar Augenblicken, die er später gekommen war? "Geht es dir gut?"
"Ja, sicher! Wieso auch nicht? Ich habe zwei reizende Gäste an diesem späten Montagabend." Beryl versuchte sich damit abzufinden, daß sie die beiden Vampire eine Weile bespaßen mußte. Wenn Caleb wirklich etwas auf der Seele brannte wollte sie ihn selbstverständlich nicht einfach vor die Tür setzen. Sie schickte einen stummen Fluch in Richtung Schicksal und hoffte, daß Thilo nicht zu enttäuscht wäre, wenn sie nicht auftauchte, und ihr eine weitere Chance geben würde. "Sehe ich die Geschwister also endlich mal zusammen."

Lilith ließ sogleich vernehmen: "Es kommt selten genug vor, daß er mich mitnimmt, das ist richtig!" - "Was daran liegen könnte, daß du niemals fragst, Schwester." - "Wenn dir meine Gesellschaft derart wichtig ist solltest du vielleicht mal etwas spannenderes vorschlagen als deine Menschenfreunde zu besuchen. Wie wäre es zum Beispiel mit Kino?" - "Seit wann interessieren dich Filme?" fragte er ernsthaft, worauf sie konterte: "Seit sie Ton haben und in Farbe sind." - "Nun gut, nehmen wir uns das für den nächsten Abend vor, an dem du keine Nachtschicht hast."

Lilith grinste zufrieden, während die Rothaarige dem Schlagabtausch nur höflich zuhörte. Das fiel Caleb auf.
"Mir scheint es, wir kommen ungelegen?" erkundigte er sich höflich, woraufhin seine Schwester zu kichern begann. "Natürlich kommen wir ungelegen, aber sie ist eine gute Gastgeberin und zeigt es nicht. Wenn ich sie richtig verstanden habe wollte Beryl sich eigentlich heute paaren, zumindest denke ich, daß die Formulierung 'etwas klarmachen' auf etwas derartiges hindeutet?"


'Oje... Kein Wunder, daß er sie nicht mitnimmt',  dachte Beryl nur und unterdrückte gerade noch ein gequältes Ächzen. Gleichzeitig hätte sie fast schallend losgelacht, als sie sah, wie Caleb vor Horror fast die Augen aus dem Kopf quollen. Er starrte seine Schwester an und konnte offenbar nicht fassen, daß sie etwas derartiges laut gesagt hatte.
"Lilith!" zischte er, doch sie zuckte mit den Schultern. "Was denn? Du kennst dich mit solchen Formulierungen besser aus als ich." - "Was erstaunlich ist, da eigentlich du den moderneren Sprachschatz zu haben scheinst", warf Beryl nun amüsiert ein. Aus ihrer Sicht waren beide Geschwister gleich lustig in dem Bezug. Caleb war umgänglicher, drückte sich aber oft sehr altmodisch aus und formulierte seine Worte meist peinlich genau aus, während Lilith ihre generell kühleren und wissenschaftlich angehauchten Äußerungen in ein modernes, ja teils saloppes Gewand zu packen versuchte, vermutlich um weniger bedrohlich zu wirken.
Die Vampirin sah ihr ins Gesicht und meinte mit steinerner Miene: "Danke! Endlich merkt mal jemand, daß ich mich sehr wohl anpasse."

"Lilith, wir gehen! Es tut mir leid, Beryl, natürlich wollen wir deiner Verabredung nicht im Wege stehen!" beschloß ihr Bruder prompt. Seine Schwester schob verärgert die Unterlippe vor und schien etwas entgegnen zu wollen, doch Beryl, die daran dachte, was sie über seine Laune gehört hatte, kam ihr zuvor. "Nein, nein, ihr bleibt natürlich! So fest war die Verabredung nicht."
"Beryl, wir kommen sehr gerne ein andermal wieder."
"Caleb, ihr bleibt da, basta." Sie bat nicht, sie kommandierte. Dann kam ihr eine spontane Idee. "Es sei denn, ihr möchtet mitkommen zum Nachtclub in Willow Creek und wir verbringen dort etwas Zeit miteinander?"
"Nach Willow Creek möchte ich heute lieber nicht. Ihr könnt aber gerne zusammen gehen, falls das deinen ursprünglichen Plänen zupasskommt."
"Huh?" Nun war sie perplex. Der Vampir wollte Jades Wohnort ausweichen? Was konnte es dafür für einen Grund geben? Seine Miene war unergründlich, und sie hatte nichts von Jade gehört. Hatten die beiden etwa gestritten? "Dann bleibe ich lieber hier und unterhalte mich mit euch beiden."
"Das ist wirklich nicht nötig."

"Nun sei nicht so unhöflich, Bruder! Beryl hat sich entschieden uns Gesellschaft zu leisten, also akzeptiere es. Du warst doch derjenige, der herkommen wollte, jetzt lauf nicht gleich wieder weg."
"Lilith...", machte er warnend.
"Sie hat recht, Caleb. Ihr seid meine Gäste."
Das Gesicht der Vampirin leuchtete auf, als Beryl ihr beipflichtete. "Wie wunderbar! Ein Abend voll höflicher Konversation liegt vor uns! Ich bin entzückt! Also, war es ein Mann oder eine Frau, mit dem oder der du dich treffen wolltest?"
"Ein Mann natürlich. Ich hab dir doch gesagt, daß ich nicht auf Frauen stehe!" erinnerte Beryl sie.

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