"Na, Puppe, ganz alleine hier?" fragte der größere der beiden nach Bier riechenden Kerle, die sich plötzlich neben Jade aufbauten. Sie versuchte die Männer zu ignorieren, doch ihr brach der kalte Schweiß aus. "Nein, ich bin nicht alleine."

"Bist du mit einer Freundin da? Dann wird's noch lustiger." Der eine, der fast doppelt so breit war wie sie und mindestens einen Kopf größer, trat so dicht an sie heran, daß sie seinen Atem im Gesicht spürte. "Mit dir alleine wird's aber sicher auch schon gut. Na, wie wär's?"
"Nein, danke!"
"Ganz im Vertrauen: Ich stehe auf Mädels, die unnahbar tun." Der Fremde rührte sich nicht vom Fleck. Die junge Frau versuchte auszuweichen, doch dann müßte sie ihren Platz in der Schlange aufgeben, und der zweite, kleinere Mann machte Anstalten ihr den Weg zu versperren. Panisch sah sie sich um, doch über die laute Musik hinweg schien keiner der Umstehenden zu merken, daß sie Hilfe brauchte.

"Lassen Sie mich in Ruhe, ich habe Ihnen nichts getan und kein Interesse!" rief sie, so laut sie konnte.
"Aw, wir wollen dich doch nur kennenlernen, wieso bist du so grob?! So ein Konzert ist ganz schön gefährlich für ein einsames Mädchen, aber wir passen schon auf dich auf. Morgen bist du froh, uns getroffen zu haben." Er griff sie um die Taille und packte mit der anderen Hand ihren Arm, als sie zurückweichen wollte. "Warum so schüchtern, Püppchen? Du willst doch die Band sehen? Wir wissen, wie du Backstage kommst!" Sein Kollege lachte.
"Lassen Sie mich los! Ich bin mit meinem Freund hier!"
"Klar, Püppchen, mit deinem Freund!" Der Fremde lachte. "Dann sei froh, daß du die Niete los bist! Wie kann man eine prächtige Puppe wie dich hier alleine lassen? Du brauchst einen richtigen Mann!" Unbeeindruckt ließ er die Hand auf ihre Hüfte in Richtung Po hinuntergleiten.
"Loslassen!" rief die Schwarzhaarige verzweifelt und versuchte den Angreifer wegzustoßen und ihn gegen das Schienbein zu treten, aber es war als kämpfe sie mit einer Wand.

Plötzlich spürte sie von hinten noch eine Berührung an ihrem verlängerten Rücken, und der fremde Kerl bekam große Augen und wurde bleich, was die roten Flecken in seinem Gesicht noch verstärkte. Sie spürte, wie sie losgelassen wurde, auch am Arm.
"Meine Begleiterin sagte, daß sie kein Interesse hat. Was war daran so schwer zu verstehen?" Calebs Stimme war dunkel vor unterdrückter Wut, als er neben Jade auftauchte, die Hand so fest um das nach hinten verdrehte Handgelenk des Angetrunkenen geschlossen, daß seine Knöchel weiß hervortraten.

"Verdammt, was willst du halbes Hemd?! Verpiß dich!" bellte der Fremde, dem Tränen des Schmerzes in die Augen stiegen, so daß aus der erwünschten Provokation eher ein jämmerliches Heulen wurde. Er versuchte sich loszumachen, doch Caleb rührte sich nicht und drückte nur noch fester zu. Sein Kumpan wollte eingreifen. "Hast du nicht gehört?! Wir haben die Braut zuerst klar gemacht! Die ist doch nie im Leben mit 'ner Tunte wie dir hier!" Mit erhobener Faust wollte er auf Jades Freund losgehen und diese schrie entsetzt auf, doch es kam zu keiner weiteren Handgreiflichkeit.
Der Vampir schob blitzschnell seine Begleiterin hinter sich und drehte sich so, daß er beide Männer im Blickfeld hatte. Seine Augen glommen in einem gefährlich glühenden Weiß auf, und er fletschte die Zähne mit einem leisen Knurren. Der Anblick allein genügte, um den einen Angreifer mitten in der Bewegung zurückspringen zu lassen und den anderen erneut aufheulen zu lassen. "Verdammt, das ist ein..." Der kleinere Typ schrie panisch auf, machte auf den Absätzen kehrt und wollte weglaufen.
"Wirklich ganz reizend, was für Höhlenmenschen ich hier vor mir habe! Erneut: Sie hat 'nein' gesagt, egal mit wem sie hier ist!" fauchte der Vampir leise, aber laut genug, daß die beiden ihn hören konnten. Der Größere versuchte Jade als Schutzschild zu packen, doch Calebs Kopf flog gleich zu ihm herum. "Gib mir lieber keinen Grund dir die Hand zu brechen, Kerl!"

Jemand mußte nun doch die Sicherheitsabteilung gerufen haben, denn zwei stämmige Security Leute in Uniform drängten sich zur Szene durch. "Was ist hier los?! Lassen Sie den Mann los!" blaffte einer von ihnen Caleb an, der prompt wieder äußerlich die Ruhe selbst war und sofort gehorchte. Währenddessen geriet der Feigling ins Straucheln und prallte frontal mit dem anderen Sicherheitsmann zusammen, der ihm zunächst noch irritiert aufhelfen wollte.
"Nicht! Mein Freund hat mich nur vor diesen Typen beschützt!" rief Jade entsetzt und klammerte sich an den Arm ihres Begleiters. Sie traute sich erst jetzt wieder die Augen zu öffnen. "Wir wollten doch nur das Konzert sehen!"

Einer der Verkäufer am Getränkestand bildete mit den Händen einen Trichter und brüllte herüber: "Nicht den Goth, Ben! Die anderen beiden wollten dem Mädel an die Wäsche! Die machen schon den ganzen Abend Ärger!"

"Dich hab ich doch schon vor den Damentoiletten verscheucht, Freundchen!" sagte der andere Wachmann bei genauerem Hinsehen auch prompt zu dem kleineren Fremden. "Wir würden vorschlagen, ihr zwei kommt jetzt schön brav mit."
"Aber der Typ da ist ein Vampir! Den müßt ihr rauswerfen, Mann!"
"Ja, sicher, ein Vampir! Wie schaffen Typen wie die hier es immer schon vor der Show betrunken zu sein..."
"Aber..."
"Wenn der Mann eine Eintrittskarte hat und keinen Streß macht wie ihr ist mir egal, ob er der Koboldkönig höchstpersönlich ist! Ruhe jetzt und mitkommen, sonst rufen wir noch die netten Kollegen von der Polizei dazu!"
Sie zerrten die angetrunkenen Männer mit sich und die Aufregung in der Schlange lichtete sich, bis langsam wieder Ruhe einkehrte.

"Ist alles in Ordnung, Jade?" erkundigte der Vampir sich fürsorglich. Jade war kreidebleich, zumal sie nun von allen Seiten angestarrt worden war und die Gaffer sich nur nach und nach zerstreuten, nickte aber tapfer. Er fragte: "Soll ich dich lieber nach Hause bringen?"
"Nein! Ich will die Lemontrees sehen!" rief sie mit feuchten Augen, aber fester Stimme.
"In Ordnung. Allerdings...", fuhr er vorsichtig fort, "Ich bin zwar entzückt, daß das Berührungsverbot einseitig aufgehoben wurde, aber ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mir den Arm nicht abreißt."
"Huh?" Die junge Frau schaute hinab, sah wie fest sie sich unbewußt an ihn gekrallt hatte und ließ erschrocken los, aber nur, um ihm mit einem Laut der Erleichterung um den Hals zu fallen. "Danke, Caleb! Ich hatte solche Angst!"

Er drückte sie an sich und fühlte sich schlecht, weil es sich so gut anfühlte und er die Umarmung nur ihrem Unglück verdankte. "Es tut mir leid, daß ich nicht rechtzeitig reagiert habe, bevor der Kerl dich anfassen konnte."
"Das war nicht so schlimm, aber ich weiß nicht, was ich ohne dich..."
"Schon gut." Er streichelte ihr beruhigend über den Rücken und sandte einige wütende Blicke in die umstehenden Gaffer, von denen sich nicht einer gerührt hatte, um einzugreifen. "Es war schwer zu dir durchzukommen."
"Wäre es nicht so voll wäre ich weggelaufen."
"Wäre es nicht so voller apathischer Duckmäuser hätte ich eher gemerkt, daß du es nicht alleine schaffst. Du solltest nicht weglaufen müssen!" Er unterbrach sich, ehe er sich in Rage reden konnte, und seufzte. Hoffentlich hatte diese Angelegenheit ihr den Abend nun nicht völlig verdorben. "Ach, was soll's. Schau, du bist an der Reihe, Jade."

Sie bestellte ihre große Cola, welche der Mann am Stand ihr aufmunternd lächelnd reichte und abwinkte, als sie bezahlen wollte. Dann gingen sie aufs eigentliche Festgelände, wo die Vorband gerade anfing zu spielen. Jades Wangen glühten. "Du bist ganz schön stark." - "Das sind Vampire immer", erklärte er schlicht und reckte sich, um einen geeigneten Platz ausfindig zu machen. Rasch bugsierte er seine Begleiterin an eine Stelle, von der aus sie den besten Blick auf die Bühne haben würde. Eine Treppe mit wenigen Stufen führte auf eine Marmorplattform hinauf, von der aus zwei weitere Treppen und Plattformen früher in den nun abgesperrten zweiten Stock des Kaufhauses geführt hatten. Der Platz war zwar etwas weiter von der Bühne entfernt und daher bislang noch nicht sehr beliebt, aber das war ideal. Hier konnte sich niemand vor sie drängeln und ihnen die erstklassige Sicht versperren, und am Geländer stehend hatte Jade später die Fremden nur hinter und neben sich.

"Ach ja! Wie konnte ich das nur vergessen!" Kichernd schüttelte die junge Frau den Kopf, weil er selbst in dieser Situation an seinem Rollenspiel festhielt, aber andererseits schauspielerte er den Vampir so gut, daß er damit sogar die fiesen Typen eingeschüchtert hatte.
Ihr fiel auf, wie schnell sich der Platz nun mit Menschen füllte, und ihr wurde unwohl. Vorher hatte sie die Menge verdrängen können, doch nun war sie besonders wachsam und fühlte sich daher von jedem einzelnen bedroht.
"Caleb..." fragte Jade vorsichtig über die Musik hinweg und zutzelte an ihrer Cola, "Wärst du sehr verwirrt oder böse, wenn wir das Umarmungsverbot für diesen einen Abend aussetzen würden? Ich würde mich hier besser fühlen, wenn man dich wirklich... für meinen Freund hielte."

Wortlos legte er den Arm um ihre Schulter, aber sie wechselte rasch auf seine andere Seite. Verwundert wiederholte er die Geste, woraufhin sie seine Hand nahm und sie umständlich auf ihre Hüfte hinunter lenkte, genau an die Stelle, wo zuvor der Fremde sie gepackt hatte. Überrascht, aber keineswegs unangenehm berührt, zog er sie etwas näher an sich heran und hörte Jade leise seufzen, ehe sie den Kopf an seine Schulter legte.

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