"Das Konzert war der Wahnsinn!" rief Jade auf den letzten Metern zu ihrem Haus zum wiederholten Mal. Nach dem heutigen Erlebnis hatte der Vampir es sich nicht nehmen lassen sie vorsichtshalber nach Hause zu bringen. "Vor allem war es laut", lachte er amüsiert, "Du bist anscheinend so taub, daß du noch die Nachbarn aufweckst mit deiner Begeisterung." Ihre Stimme war schon seit einer Weile schrill und heiser.

"Oh, sorry!" machte sie leiser und blieb vor ihrer Tür stehen. "Danke für alles, Caleb! Der Abend war fantastisch!" - "Trotz dem unangenehmen Auftakt?" - "Ach, die blöden Penner hab ich schon fast vergessen!" rief sie mit einer Inbrunst, die deutlich machte, daß sie log. "Alles andere werde ich jedoch nie vergessen! Pink Lemontree live zu sehen war eins der besten Dinge, die mir je passiert sind! Sie haben alle meine Lieblingshits gespielt, und nur weil du das Konzert bemerkt hast konnte ich das sehen! Nochmal, danke!" Sie lehnte sich vor und küßte ihn impulsiv auf die Wange.

Als sie anschließend, von der eigenen Courage erschreckt, im Haus verschwinden wollte packte er sie sanft an den Armen. "Moment, Jade! Das war jetzt kein Sakura Tee." Er sah ihr ins Gesicht, das im Licht der Straßenlaterne ungewöhnlich bleich wirkte. Sie starrte einen Moment zurück, ehe sie seinem Blick auswich. "Entschuldige bitte, ich hab mich vergessen! Ich bin nur müde und... vielleicht ein bißchen hysterisch. Wo du doch heute ein Held warst und wir Pärchen gespielt haben und so..." - "Sind die Grenzen nun wieder unten oder war das heute wirklich eine Ausnahme?" Das ganze Konzert über hatte sie in seinem Arm gestanden, egal ob sie gejubelt hatte, ihn gezwungen hatte von der Cola zu trinken, wie ein Gummiball gehüpft war oder mitgesungen hatte, und er hatte jede einzelne Sekunde ihrer Begeisterung genossen.

Nun sah sie auf ihre Füße. "Ich weiß es nicht. Bitte laß los."
Er gehorchte augenblicklich und sie öffnete die Tür. "Gute Nacht, Caleb."
"Gute Nacht, Jade..." Der junge Mann seufzte ergeben. Was war diese Frau kompliziert...

Der Vampir blieb noch eine ganze Weile auf der Veranda stehen und starrte auf die Tür. Bildete er es sich ein oder hatte er das wirklich gesehen? Dieses warme Leuchten in ihren Augen? Ob sie sich vorgestellt hatte den Abend mit ihrem Schwarm zu verbringen und die Fantasie sich einen peinlichen Weg in die Wirklichkeit geschlagen hatte? Was sollte das sonst gewesen sein? Oder war es etwa... sein vampirischer Charme gewesen, der sie so schauen ließ? Es rieselte ihm eiskalt den Rücken hinab. Das wäre schrecklich!

Er rief sich verunsichert zur Ordnung, als in ihrem Schlafzimmer das Licht anging und ein Fenster auf kipp gestellt wurde. "Oh Melvin, du hast den besten Abend aller Zeiten verpaßt!" hörte er Jades Stimme von drinnen. "Okay, es war auch ein schlimmer Abend, aber nicht so schlimm wie das Romantikfestival, hörst du? Caleb war ein richtiger Held! Also, schütteln wir noch einmal unsere Schneekugel, und dann wird ohne Weinen geschlafen, klar?!" Sie lachte, und dann sah er, wie ihre Silhouette im Schein der Stehlampe an die Wand geworfen wurde und ihr Schatten sich den Pulli über den Kopf zog. "Oh, das war super!" hörte er sie schrill ausflippen, als sie dem Klang nach mit Karacho ins Bett sprang und ihr Schatten verschwand.

'Sie braucht wirklich dringend Vorhänge.'  Caleb riß sich von dem Anblick los und verschwand in die Nacht. Mal sehen, ob er im Blauen Samt jemanden auftun konnte für einen dringend benötigten Imbiß. Wenn schon Jade Sparkle auf seinen Charme ansprang mußte er mehr Durst haben als gedacht.

***

Wenig später saß Caleb mit einer langweiligen Rothaarigen namens Candy an der Bar und wunderte sich, warum ihm heute das Flirten so schwer fiel. In einer normalen Nacht wäre die Zufallsbekanntschaft um diese Zeit bereits mit ihm hinters Haus verschwunden und hätte ihm dank seines vampirischen Charmes nach wenigen Küssen ihr Handgelenk zum Trinken angeboten, ehe er ihre Erinnerung geändert hätte und verschwunden wäre.

So lief es immer ab. Er suchte sich eine Frau auf der Suche nach einem heißen Flirt, ging auf sie ein, versprach ihr ein unvergeßliches Erlebnis, trank irgendwo in einer unbeobachteten Ecke oder bei ihr daheim so viel, wie er gerade eben benötigte, und nutzte schließlich seine Magie, um in ihr die Illusion zu erwecken alle ihre Bedürfnisse und Wünsche seien erfüllt worden, ehe er ihr befahl nach Hause zu gehen und zu schlafen. Nur sein Gesicht und seinen Namen, die löschte er dabei vorsichtshalber, denn er legte weder Wert darauf die Dame noch einmal zu sehen, noch wollte er mit irgendwelchen Komplikationen belästigt werden.
Wie er bereits in früheren Zeiten schmerzhaft gelernt hatte war es der Nahrungssuche nämlich sehr abträglich, in der Damenwelt als Casanova bekannt zu sein. Zum einen wurde man ständig von neugierigen Frauen umringt, selbst wenn man es gerade nicht gebrauchen konnte, und zum anderen war mit dem Nachschub prompt Schluß, sobald einige von ihnen schwanger waren. Caleb hatte einsehen müssen, daß man einer Frau nicht begreiflich machen konnte, daß sie sich ihren unerwünschten Nachwuchs von einem anderen Abenteuer eingefangen haben mußte, weil er konträr zu ihrer Erinnerung überhaupt nicht mit ihr geschlafen hatte. Diese Situationen hatten ständig zu Problemen mit wütenden Vätern und Brüdern gesorgt, die sich ebenfalls weigerten zu glauben, daß die Dame ihre Ehre nicht an den wohlhabend aussehenden Edelmann auf Durchreise verloren hatte, der sich nun vor der Verantwortung drücken wollte, sondern an irgendeinen attraktiven Stallburschen oder Soldaten. War der Ruf erst ruiniert war es in der näheren Umgebung schier unmöglich gewesen mit weiteren Damen ins Gespräch zu kommen.
Heutzutage war das zwar dank moderner Verhütung und selbstbewußterer Frauen alles ein wenig entspannter, aber Caleb wollte in dieser Stadt bleiben. Daher lag es weder in seinem Interesse ständig eine Traube von Damen abwehren zu müssen, noch gelegentlich Vaterschaftstests abzulegen und anschließend seine ungewöhnlichen Blutwerte zu erklären. Zudem sprachen die Frauen heutzutage sehr viel freier über Sex, und da die falschen Erinnerungen sich aus den Wünschen der Damen bildeten wäre es bald aufgefallen, daß er sich angeblich bei jeder völlig anders verhielt.
Nein, es war sehr viel besser, wenn sie sich nicht an ihn erinnerten, sondern an ein ebenfalls ihrem Unterbewußtsein entsprungenes Gesicht.

Trotz seinem Durst fiel es ihm heute jedoch schwer sich auf die Frau zu konzentrieren, obwohl sie sehr eindeutige Signale sandte und ihm selbst ohne Vampirmagie bereits ständig um den Hals hing. Ihm war langweilig mit ihr, und auch die Ausrede, daß die falsche Erinnerung an ein heißes Techtelmechtel mit einem gesichtslosen Fremden ein besserer Preis für ihr Blut war als ein brutaler Überfall im Schlaf, beruhigte ihn in dieser Nacht nicht. Er fragte sich kurz, ob er sie schon einmal angezapft hatte, denn an die meisten seiner 'Blutspenderinnen' erinnerte er sich bereits kurze Zeit später nicht mehr. Es sei denn, sie suchten ihn in seinen zahlreichen Alpträumen heim.

Als Candys Hand über seine Wange glitt erschien es ihm fast wie ein Sakrileg, daß sie ihn dort berührte, wo Jade ihn geküßt hatte, und er mußte sich sehr beherrschen nicht zu knurren, sondern weiterhin charmant zu lächeln.

'Was habe ich so schlimmes getan, daß Jade das Romantikfestival als schlimmer empfand als den sexuellen Übergriff heute?' fragte er sich zum wiederholten Mal, kam aber zu keiner Antwort. 'Und wie kann es trotz allem ihr liebstes Fest gewesen sein? Jade Sparkle scheint eine masochistische Ader zu haben, von der ich nichts weiß.'

"Süßer? Hey, Süßer!" - "Verzeihung, Teuerste! Dein Lächeln hat mich abgelenkt." - "Du bist so abwesend. Willst du nun oder nicht? Ich kann mir auch einen anderen suchen..." Die Rothaarige setzte einen genau berechneten Schmollmund auf, aber daß die Geste falsch war störte ihn nicht. Ihr One-Night Stand würde auch nicht echter sein, auch wenn es sich für sie anders anfühlen würde, und er war inzwischen wirklich sehr durstig.

"Nicht doch, Candy! Natürlich will ich dich!" umgarnte er sie lächelnd und sah ihr tief in die Augen. Es war Zeit, das hier zuende zu bringen. Es brauchte nicht viel Beeinflussung, bis er mit Candy auf den dunklen Hinterhof verschwand und sie ihn in ihre Arme zog.

***

Satt, aber durcheinander, traf der Vampir bald darauf zu Hause ein, wo ihn eine real schmollende Lilith empfing. "Du kommst spät."
"Es tut mir leid. Ich war noch essen, das Konzert war doch sehr anstrengend."
"Was ich besser beurteilen könnte, wenn ich hätte mitkommen dürfen."
"Du hast dich immer noch nicht bei Jade entschuldigt, und sie hatte heute schon genug Angst."
"Ich darf ja auch nicht mit ihr reden! Sie hatte Angst vor einem Konzert?!" Lilith schnaubte schnippisch.
Caleb seufzte. "Nein, vor den Kerlen, die sie dort belästigen wollten." - "Hooh!" machte die Vampirin und ließ die Knöchel knacken. "Da wäre ich ja erst recht gerne dabei gewesen!" - "Du kannst mir glauben, es ist mir nicht leicht gefallen sie der Security zu überlassen, statt ihnen eine Lektion zu erteilen", grummelte er, woraufhin seine Schwester lachte. "Als ob! Ausgerechnet du Softie!"

Caleb erdolchte sie mit einem Blick. "Wenigstens einer von uns muß ja Manieren haben, Schwesterherz." - "Wie du meinst. Schach?" - "Tut mir leid, ich muß ausruhen." - "Okay!" Sie schien sogar auf diese Antwort gehofft zu haben. "Das trifft sich gut, der Sim Trek Marathon ist eh noch nicht um! Schlaf gut!"
Er schüttelte grinsend den Kopf, während er die Treppe erklomm. Seit sie den Fernseher hatten war Lilith wirklich wie ausgewechselt. Das traf sich gut. Er mußte nachdenken. Wieder einmal. Im Moment war er das Grübeln wirklich leid.

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