Jade kam von der Arbeit und streckte sich erst einmal ausgiebig. Endlich wieder Freitag abend! Endlich Wochenende! Die Arbeit im Büro hatte sie sehr gestreßt und sie war froh, die dumme Uniform für zwei Tage weghängen zu können. Sie fragte sich, ob Caleb wieder vorbeikommen würde. Das Schachspiel an den letzten beiden Wochenenden hatte ihr gut gefallen, und sie hätte nichts dagegen gehabt ein drittes Mal den Nachmittag mit ihm auf der Veranda zu verbringen. Das Spiel würde es zwar vermutlich nie in die Top Ten ihrer Hobbies schaffen, aber mit dem jungen Mann machte es durchaus Spaß. Sie hatte ihn sogar beim Schummeln erwischt und war sich sehr sicher, daß er sie damit nur zum Lachen bringen wollte, denn sie war noch so schlecht in dem Spiel, daß ihr Gegner sich arg dumm stellen mußte, damit sie mal gewann. Die beiden hatten sich über Schach und Bücher unterhalten und waren abends ein wenig am Ufer des Kanals entlangspaziert, wo sie die Angler beobachtet hatten.
Außerhalb der Wochenenden hatten sie sich leider wieder nicht gesehen, aber neben dem Texten riefen sie sich inzwischen gelegentlich an. Dreimal war Jade nach der Arbeit Summer auf der Straße begegnet und für einen kurzen Tratsch stehengeblieben, und auch mit dem städtischen Gärtner hatte sie ein paar Worte gewechselt, als sie sich im Gemeindegarten neue Äpfel gepflückt hatte und er gerade mit dem Jäten von Unkraut beschäftigt war. Er hatte ihr einige Tipps für ihre Tomatenpflanze gegeben, die inzwischen sehr gut gedieh und Früchte trug. Travis war ihr nicht begegnet, und Liberty ging sie aktiv aus dem Weg.
Es wunderte niemanden mehr als sie, aber sie gewöhnte sich langsam an diese Leute. Mit Summer konnte sie inzwischen ähnlich unbefangen sprechen wie mit Caleb, denn der Redeschwall der Blondine war auf ein erträgliches Maß abgeflaut, nachdem sie offenbar alles gesagt hatte, was ihre neue Nachbarin unbedingt wissen mußte, und inzwischen führten sie tatsächlich Gespräche statt Monologen. Nur der Gärtner hatte ihr weiterhin etwas Angst gemacht, doch die Übungen vor dem Spiegel halfen tatsächlich. Caleb selbst hatte sie nur einmal in eine 'Auszeit' geschickt, wie er es scherzhaft nannte, als er wieder frech geworden war und einen unanständigen Spruch über eine Schachfigur gerissen hatte, an den sie sich nicht einmal mehr erinnern konnte.
Nur auf der Arbeit fand sie weiterhin keine Freunde, und abends war sie fast täglich erst einmal so gestreßt, daß sich ihr Spiegel im Bad schon so langsam die Kugel geben wollte wegen all dem Jammern, das er sich anhören mußte.
Da sie sonst nichts zu tun gehabt hatte war sie daher mitten in der Woche nach der Arbeit in ein Geschäft marschiert und hatte sich eine Staffelei gekauft, die nun im Schlafzimmer stand, wo es tagsüber das beste Licht gab. Sie wollte etwas neues ausprobieren, hatte ihren ersten Versuch ein Bild zu malen aber ganz unzeremoniell verschwinden lassen, indem sie die Leinwand neu grundierte. Auch am Angeln hatte sie sich einen Abend versucht, aber es war ihr zu langweilig, und ständig kamen Leute dazu, die mit ihr über Fische und Köder sprechen wollten. Die meiste Zeit hatte sie daheim mit ihrer Gitarre verbracht, und sie fühlte sich bereits richtig gut damit.
Nun war sie mit dem Duschen fertig, trug endlich wieder ihre Wohlfühlklamotten und dachte daran nach dem Abendessen einen neuen Ausflug in die kreative Farbenwelt zu wagen, als sie eine SMS bekam. Die Nachricht war von Caleb, und er schrieb: "In San Myshuno findet am Sonntag ein Flohmarkt statt. Nachdem wir das Spaßfestival leider verpaßt haben, magst du mit mir zu dieser Veranstaltung gehen?"
"Ugh", machte Jade, hin und her gerissen zwischen der Chance, mit Caleb etwas zu unternehmen wie richtig echte Freunde, und der Abscheu dagegen sich in der Stadt in einer Menschenmenge zu befinden. Was sollte sie ihm bloß sagen? Ein dicker Klumpen bildete sich in ihrer Magengegend. Am liebsten hätte sie die Nachricht einfach ignoriert, aber das konnte sie nicht tun. Sie beschloß, sich erst einmal um ihr Abendessen zu kümmern. Während sie Gemüse als Beilage schnippelte dachte sie über ihre Antwort nach. Es beschäftigte sie so sehr, daß sie es schließlich bei einem Salat beließ, da sie eh nicht mehr viel Appetit hatte.
Gerade als sie es sich mit ihrer Schüssel in der Hand vor dem Fernseher gemütlich gemacht hatte klopfte es. Jade seufzte und ging mit dem Essen zur Tür. Ihr blieb fast das Herz stehen, als sie Caleb draußen stehen sah.
"Guten Abend, Jade!" grüßte er fröhlich, nachdem sie ihm geöffnet und zum Gruß gewinkt hatte und ihm mit einer Geste andeutete hereinzukommen, da sie noch kaute. Das war für ihn Einladung genug. Er ging beschwingt ins Haus, schloß die Tür hinter sich und folgte ihr ins Wohnzimmer hinüber, wo ihm gleich der laufende Fernseher auffiel. "Wie ich sehe störe ich bei der Entspannung. Das tut mir leid. Ich war gerade in der Gegend, und da bislang keine Antwort auf meine SMS kam dachte ich mir, ich könne dich auch direkt wegen dem Flohmarkt fragen." Der junge Mann ließ sich ihr gegenüber am Eßtisch nieder und blickte sie gespannt an.
Die Schwarzhaarige starrte auf ihren Salat hinab, konnte sich aber nicht dazu durchringen ihn weiter zu essen. Wortlos stand sie auf, nahm die Schüssel und verfrachtete das Essen in den Kühlschrank. Anschließend ging sie zurück und ließ sich aufs Sofa plumpsen, wo sie den Fernseher abschaltete. "Entschuldige, daß ich nicht gleich zurückgeschrieben habe."
Caleb mochte sich täuschen, aber Jade kam ihm heute seltsam vor. Fast als weiche sie ihm aus. Er hoffte, daß ihr Benehmen nichts mit Vampiren zu tun hatte, und ging zu ihr hinüber, um sich neben sie zu setzen. "Ist etwas passiert, Jade?"
"Nein, wieso fragst du?"
Schon allein die gehetzte Art, wie sie es sagte, überzeugte ihn vollends, daß sehr wohl etwas passiert war. "Du scheinst mir sehr angespannt zu sein."
"Es ist alles in Ordnung. Ich freue mich, daß du vorbeischaust." Das war die Wahrheit, wenn auch nur die halbe. Die junge Frau hätte sich wie immer über seinen Besuch gefreut, allerdings stand da noch diese schwierige Entscheidung im Raum. Was sollte sie denn bloß tun? Sie konnte nicht für immer auf der Stelle treten und darauf warten, daß die Leute vor ihrer Tür standen oder ihr auf der Straße in die Arme liefen. Andererseits klang es einfach furchtbar, auf ein Stadtfest zu gehen.
Der Gesichtsausdruck ihres Gastes machte deutlich, daß er ihr ihre Worte nicht ganz abkaufte, aber er sprach sie nicht weiter darauf an. Statt dessen fragte er: "Nun, wie steht es dann mit dem Flohmarkt? Treffen wir uns direkt in der Stadt oder gehen wir gemeinsam hin?"
Unwillkürlich starrte Jade ihn an. Wie selbstverständlich er annahm, daß sie mitkommen würde! Hatte sie gar nicht die Wahl? Ihr blieb glatt die Spucke weg.
"Caleb ich... also... ich... oooooh, ich kann das nicht!" Ihre Stimme wurde zu einem wütenden Knurren und sie ballte die Fäuste, weil sie so wütend auf sich selbst war.
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