Der junge Mann sah sie unschlüssig an. "Was kannst du nicht, Jade Sparkle?"
"Ich hab nicht geantwortet, weil ich nicht wußte, wie ich dir sagen soll, daß ich nicht mitkomme."
"Oh, wie bedauerlich, daß meine Einladung zu spät kommt! Du hast schon etwas vor?"
"Nein, ich habe nichts vor!" brachte sie mühsam hervor, denn anlügen wollte sie ihn nicht. "Ich würde wahnsinnig gerne mit dir hingehen, aber mir wird schon schlecht, wenn ich an all die Fremden denke! Ich will dir nicht den Tag verderben mit meiner Angst."
Wenigstens war sie ehrlich und hatte keinen Termin vorgeschoben, doch das konnte Caleb nur sehr bedingt trösten. Konnte er sie etwa nur in der Trostlosigkeit ihrer eigenen vier Wände treffen?
"Das ist wirklich sehr enttäuschend, Jade."
"Nicht nur für dich, glaub mir. Ich kann einfach nicht."


"Daß ich die ganze Zeit in deiner Nähe wäre und als dein Schutzschild vor der Meute fungiere kann deinen Entschluß nicht ändern?"
"Ich fürchte nicht."
"Bist du immer so egoistisch?" rutschte es ihm heraus.
Ihre Lippen wurden noch schmaler, und in ihren Augen loderte ein wütendes Feuer, genährt von Selbsthaß, aber nun auch Wut auf ihn. Sie ballte die Hände noch fester. "Egoistisch?! Du wagst es, meine Ängste als Egoismus zu bezeichnen?!"
"Es wäre schön gewesen, wenn wir einmal etwas zusammen täten, das nicht deinen, sondern meinen Wünschen zugute kommt. Ich war noch nie auf einem Flohmarkt und möchte das Erlebnis mit einem Freund genießen. Du bist nicht die einzige, die hier Opfer bringt, weißt du", entgegnete er ihr und spürte sein eigenes Temperament aufwallen.
"Ist es so ein Opfer, sich mit mir abzugeben? Wenn ja tut es mir leid!"

"Nein, natürlich nicht!" Caleb spürte einen Anflug von Verzweiflung. Es hatte ihn aufgeregt, daß sie glaubte, nur ihr fiele der Flohmarktbesuch schwer, aber er konnte ihr wohl kaum sagen, daß ihm die Sonne oftmals körperliche Schmerzen bereitete. Trotz dieser Unannehmlichkeit wollte er sich überwinden, mit ihr dort hin und etwas erleben, und es scheiterte an ihrer Feigheit. Der einzige Ausweg war es sich zu entschuldigen, obwohl er im Moment nichts lieber getan hätte als sich mit ihr darüber zu unterhalten, wie schwer das Leben tatsächlich sein konnte und vor welchen Dingen man wirklich Angst haben sollte. "Es tut mir leid. Ich verbringe wirklich gerne Zeit mit dir, und ich hatte mich sehr auf dieses Wochenende gefreut. Nachdem du neulich meine Einladung zu mir nach Haus abgelehnt hast dachte ich, du würdest mir ein wenig mehr entgegenkommen."
"Du hast mich mitten in der Woche um halb elf abends eingeladen, mir deine Bücher anzusehen! Das kann ja wohl nicht ernst gemeint gewesen sein! Aber sei es, wie es sei, ich wäre dir auch gerne eine bessere Freundin gewesen. Es tut mir leid." Ihre Wut wandelte sich in Niedergeschlagenheit um.
"Kann ich dich auch nicht damit umstimmen, daß eine sehr gute Gitarristin auf dem Fest auftreten wird?"
"Vielleicht beim nächsten Mal."
"Kannst du mir für das nächste Stadtfest denn fest zusagen, oder wirst du dann dasselbe sagen?"

"Das weiß ich nicht." Jade schloß die Augen. Dann stand sie auf, um zum Bücherregal zu gehen. "Es tut mir wirklich leid, Caleb. Kannst du nicht mit deiner Schwester hingehen?"
"Nein! Nein, das kann ich auf keinen Fall." Er folgte ihr, genauso trotzig wie sie selbst. Wenn Lilith am Mittag das Haus verließe würde nur ein Häufchen Asche von seiner Schwester übrig bleiben, doch natürlich konnte er auch das Jade nicht erklären.
Sie sah ihn unschlüssig an.
Caleb versuchte es erneut. "Mit etwas Glück könnten wir ein seltenes Buch auftun, oder eine ganze Kiste voller Schund, über den wir zusammen lachen könnten."
"Bitte. Ich kann wirklich nicht." Ihr Blick war ernst, und sie zog einen dicken Schmöker aus dem Regal. "Die Woche war wirklich hart und ich bin sehr müde. Könntest du bitte gehen?"

Tausend Dinge gingen ihm durch den Kopf, doch er behielt sie alle für sich. Wortlos machte er sich auf den Weg zur Tür, blieb auf der Hälfte des Wegs aber ein letztes Mal stehen. "Du willst wirklich nicht mitkommen?"
"Nein, diesmal nicht. Es tut mir leid."
"Nun gut. Gute Nacht, Jade."
"Gute Nacht, Caleb."
Sie setzte sich aufs Sofa. Als sie hörte, wie die Tür ins Schloß fiel, begann sie zu weinen.

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