Samstag abends saß Beryl nach einem weiteren langen Arbeitstag auf ihrem gemütlichen Sofa und sah sich eine Sendung auf dem Weltkulturkanal über die Lebensweisen anderer Nationen an. Da es in dieser Folge sehr oft um Architektur ging holte sie sich Inspiration davon und überlegte, was sie aus ihrem Haus machen würde, sobald ihr Konto ein entsprechendes Polster hergab. Das Bad würde sie auf jeden Fall bald renovieren lassen. Nach Libertys Mißgeschick mit dem Waschbecken war kurz darauf auch die Toilettenspülung kaputt gegangen, und gleich am nächsten Tag war in der Dusche ein Rohr geplatzt. Sie hatte dermaßen viel an sich selbst verbessert in den letzten Wochen, hatte ihre Fähigkeiten im Schreiben, Kochen und Gärtnern verbessert und war joggen gewesen, daß sie ein Haus mit alten Leitungen nicht mehr lange akzeptieren würde. "Ein Pool wäre gar nicht schlecht... Aber auf diesem winzigen Grundstück kann ich das wohl vergessen." Sie dachte gerade darüber nach, ob sie sich einen Snack aus der Küche holen sollte, als es an der Tür klopfte.
Draußen stand ihr erneut grün anlaufender Vampir-Bekannter. "Ah, sieh an! Caleb, nicht wahr? Lange nicht gesehen!"
"Guten Abend, Beryl", grüßte er höflich und versuchte tapfer zu lächeln. "Könnten wir kurz miteinander sprechen? Auf dem Bürgersteig?"
Sie lachte herzlich. "Sicher, aber doch nicht auf der Straße. Komm einfach rein und schau, ob es dir da nicht auch besser geht, hm?"
Überrascht folgte der Vampir ihrer Einladung. Bei ihrem ersten Treffen war sie zwar sehr schnell umgeschwenkt in ihrer Meinung über ihn, daß sie ihn jedoch direkt in ihr Haus einlud war eine angenehme Wendung, die er nicht nach so kurzer Zeit erwartet hätte.
Interessiert sah er sich um. Der Aufbau des Hauses war ähnlich offen wie bei Jade, indem der Eingangsbereich nahtlos ins Wohn- und Eßzimmer überging und die Küche durch einen breiten Durchbruch damit verbunden war. Die wenigen Türen führten sicher ins Bad und Schlafzimmer. Ihr Haus war nicht viel teurer eingerichtet als das von Jade, strahlte durch seine Ausstattung aber bereits mehr Wärme aus. Terracottafliesen und Wandputz von ähnlicher Farbe, dunkle Türen und helle Möbel bildeten hübsche Kontraste, und bodentiefe Bogenfenster ließen nicht nur erahnen, wie lichtdurchflutet es hier tagsüber sein mußte, sie boten auch einen herrlichen Blick auf den Bach und die Lichter der Stadt in der Ferne. Beryls Einrichtung verfügte über einige bunte Akzente, die das Beige durchbrachen, und obwohl sie noch nicht lange hier wohnte hatte sie wenigstens einige wenige Dekorationen aufgestellt.
"Du hast keine Bilder?" erkundigte er sich höflich.
"Oh, ich hatte eine ganze Menge, aber ich konnte sie nicht mitnehmen bei meinem Umzug. Ich wollte nicht noch einmal in die Wohnung meines Exfreunds", erklärte sie lapidar, "Aber das macht nichts. Sobald ich Zeit habe male ich mir neue."
"Du bist Künstlerin?"
"Manchmal." Beryl lachte und wandte sich ihm zu. "Momentan ist es mein Job andere Künstler zu kritisieren. Und was machst du?"
"Ich bin Manager in einer großen Kette", gab ihr Gast ein wenig abwesend zurück, während er sich umsah.
"So!" schnurrte sie, "Nicht nur gut aussehend, auch noch erfolgreich!"
Caleb grinste über die fast nahtlose Fortführung ihrer Anmachversuche vom letzten Mal. "Hat dich deine Mutter vor dieser Art von Mann nicht auch gewarnt?"
"Pausenlos!" Sein Gegenüber trat näher an ihn heran. "Sie warnte mich, mir so einen auf keinen Fall durch die Lappen gehen zu lassen."
"Sie hätte dir sagen sollen, daß du selbst Manager werden solltest. Mit deiner forschen Art und der richtigen Anleitung könntest du es sehr weit bringen in meiner Branche."
Offensichtlich war Beryl enttäuscht davon, daß er so sachlich auf ihre Avancen antwortete, doch Caleb konnte sich nicht helfen. Zu flirten und Komplimente auszutauschen war eine Sache, aber er war schon lange nicht mehr daran interessiert jemanden für eine Nacht zu erobern, und es war offensichtlich, daß sie ein schnelles Techtelmechtel suchte, denn einander besonders gut kennen taten sie noch nicht. Ihre freche und selbstbewußte Art machte sie zwar sehr attraktiv, aber das war bedeutungslos für ihn. Vielleicht war er schlicht zu alt für solche Oberflächlichkeiten, und zu weit entrückt von der Welt der Menschen. Schöne Körper verloren ihren Reiz, wenn man so viele von ihnen gesehen hatte und sie immer wieder auch altern und zu Staub zerfallen sah. Viel mehr interessierten ihn emotionale Bindungen, denn Freunde fehlten ihm, und in der Vampirwelt war es schwierig als Außenseiter, der nicht beißen wollte, welche unter seinesgleichen zu finden. Noch dazu welche, die geistig noch so lebendig waren wie Menschen. Zudem war ihm immer noch schlecht. Der Knoblauchgestank war hier drinnen zwar nicht mehr so penetrant und unerträglich wie vor der Tür, doch er war deutlich wahrnehmbar und zerstörte jeden Hauch von Leidenschaft.
Anscheinend verlor Beryl nun die Lust an dem Spiel, da er nicht darauf einging. Ihr Blick wurde merklich kühler, doch nicht unfreundlich.
Die Rothaarige bot ihm einen Platz auf dem Sofa an und verschwand in der Küche, von wo aus sie rief: "Kann man einem Vampir etwas zu trinken anbieten oder wird das direkt als Bereitschaft zur Blutspende aufgefaßt?"
Caleb lachte. "Danke, ich brauche nichts."
Daraufhin kam sie ebenfalls mit leeren Händen zurück und ließ sich neben ihm nieder. "Und? Ist es hier drinnen besser, oder macht dir der Knoblauch immer noch zu schaffen?"
"Es... ist erträglich, danke. Definitiv besser als draußen."
"Das freut mich. Hm, heißt das im Umkehrschluß auch, daß dieser verschrumpelte Mumienfürst mich auch wieder anfallen könnte, wenn er nur an meiner Tür vorbei käme?"
"Zu meinem Bedauern kann ich dir keine Auskunft darüber geben, wieviel Macht er hat, wirklich nicht. Hast du ihn in den letzten Tagen noch einmal in der Nähe deines Hauses gesehen?"
"Nicht, daß ich wüßte. Es klopfen nachts aber andere Gestalten an meine Tür, die meist schon weglaufen ehe ich öffnen kann. Sind das auch Vampire?"
"Gut möglich."
"Angenommen es sind welche, gehören die dann zur Kategorie Mumienfürst oder Kategorie Caleb?"
Erneut mußte der Vampir lachen, obwohl sie die Frage sehr ernsthaft gestellt hatte. "Beide Kategorien sind sehr spärlich besetzt mit je nur einem bekannten Exemplar, fürchte ich. Sollten wirklich Vampire vor deiner Tür stehen gehören sie vermutlich der Mitte an. Sie suchen freundlichen Kontakt mit Menschen, können aber unberechenbar sein, sobald sie durstig sind. Wenn du auf der sicheren Seite sein willst lade sie nicht in dein Haus ein."
"Das soll helfen?"
"Solange du nicht schläfst können die meisten von uns dein Haus nicht ohne Einladung betreten."
"Aber... aaah, ja, ich habe dir gesagt 'komm rein'. Ich verstehe! Danke, Caleb!"
"Ähm... bittesehr." Egal wie oft er es tat, Fragen über Vampire zu beantworten hinterließ stets ein seltsames Gefühl von Verrat in ihm.
Beryl sah ihm direkt ins Gesicht. "Was plappere ich die ganze Zeit! Eigentlich warst du hergekommen, um mich etwas zu fragen und nicht umgekehrt, nicht wahr?"
"Das ist richtig."
"Na, dann schieß los. Was kann ich für dich tun?" fragte sie und lehnte sich erwartungsvoll zurück.
"Morgen findet in San Myshuno ein Flohmarkt statt. Ich wollte fragen, ob du Interesse hast mich dorthin zu begleiten."
"Ein Flohmarkt? Das ist aber ein seltsames Date... Was ist aus der Bar geworden?" Sie sah ihn schief an und er grinste entschuldigend.
"Das Fest interessiert mich und ich suche eine Begleitung. Es war nur als Idee gedacht, dich besser kennenzulernen und Erfahrungen über die Stadt auszutauschen. Es tut mir leid, ich hätte wissen sollen, daß zu fragen eine dumme Idee war."
"Nein, nein, gar nicht. Aber warum ich? Was ist mit deiner letzten Verabredung? Warum kommt sie nicht mit?"
"Diese Verabredung war mit meiner Schwester, und die ist verhindert", erklärte er betont freundlich.
"Oh." Die Rothaarige bedachte ihn mit einem eindringenden Blick. Was er sagte paßte so gar nicht zu dem Bild, das sie sich von ihm gemacht hatte. Er hing freiwillig mit seiner Schwester ab statt mit einer Freundin? Sie merkte durchaus, daß er sie abblitzen ließ, sie wollte es nur nicht ohne weiteres akzeptieren. Zeit für klare Worte. "Darf ich dich ganz frei heraus etwas fragen, Caleb?"
"Bitte, nur zu."
"Du hast absolut kein Interesse an mir, oder?" fragte sie schlicht.
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