Beryl staunte nicht schlecht, als eine Woche später zur Mittagszeit wieder einmal Caleb an ihre Tür klopfte. "Du hast wirklich kein Zuhause, daß du als Vampir bei Tageslicht herumstreunst, oder? Komm schnell rein, sonst brennt mein Essen an!" rief sie ihm nur zu und huschte zurück in die Küche, wohin er ihr folgte.
"Stört es dich, wenn ich dich unangemeldet besuche?" erkundigte er sich.
"Nein, gar nicht! Es wundert mich nur, daß du auf einem Sonntag nichts besseres zu tun hast."
"Damit meinst du vermutlich nicht in die Kirche zu gehen, oder?" scherzte er, und sie lachte.
"Das wohl eher nicht. Aber hast du heute nichts mit deiner Jade vor?"
"Sie ist nicht meine Jade", erinnerte der Vampir sie geduldig und sah ihr neugierig beim Braten zu. "Womit bist du gerade beschäftigt? Neue Gerichte fürs Bistro erfinden?"
"Im Gegenteil, ich koche für mich selbst das einfachste Gericht der Welt: Ein Sandwich mit geschmolzenem Käse. Heute habe ich keine Lust auf etwas Ausgefallenes. Also, du hast keine Pläne?"
"Später. Du sagtest, du seist in der Nachtschicht, also kam ich zuerst hier vorbei."
"Ach, das hat sich schon wieder erledigt!" meinte sie fröhlich. Caleb sah sie mit gerunzelter Stirn an. "Wieso das?"
"Ich wurde seit deinem letzten Besuch zweimal befördert, zuletzt zur Caterin. Sagen wir einfach mal, der Streß war mir das bißchen Geld nicht wert. Da hätte ich auch Kritiker bleiben können, das war besser bezahlt." Sie sprach im Plauderton, so als kümmere sie das alles schon nicht mehr. "Als ich gestern nach Hause kam dachte ich, mir platzt jeden Moment der Kopf. Also habe ich Nägel mit Köpfen gemacht und meine Kündigung direkt auf den Anrufbeantworter des Chefs gesprochen. Mir reicht es mit schrumpeligen Händen vom Spülen und all dem Gerenne auf anderer Leute Parties!"
"Und was hast du nun vor?" hakte der Vampir besorgt nach.
Beryl wendete ihren Toast. "Keine Sorge. Ich habe mir ein sehr gutes finanzielles Polster erarbeitet, ich habe nämlich zwischendurch auch einige Auftragsarbeiten gemalt. Morgen suche ich mir eine neue Stelle."
"In welchem Bereich?"
"Mal sehen! Vielleicht gehe ich diesmal in die Politik?" Sie bugsierte die fertige Mahlzeit auf einen Teller und ging zum Eßtisch vor, darauf vertrauend, daß ihr Kumpel schon folgen würde. Sie wurde nicht enttäuscht. Er setzte sich auf den Platz, der am weitesten von den Fenstern entfernt war, und sah sie zweifelnd an. "Politik? Beryl, ich traue dir zwar durchaus zu, in der Branche ebenfalls erfolgreich zu sein, aber ist das wirklich das, was du willst?"
"Du weißt doch, ich probiere gerne", meinte sie und machte es sich mit ihrem Teller am anderen Ende des Tisches gemütlich.
"Das sagtest du bereits, aber ich halte das für keine sehr gute Idee."
"So? Und warum nicht, Vampirchen?"
Er ignorierte den Spitznamen und erläuterte: "Entschuldige, wenn ich schon wieder über Jade rede, aber sie ist ebenfalls in der völlig falschen Branche für ihre Neigungen, und es bereitet mir manchmal geradezu Seelenqualen zu sehen, wie sie sich abmüht mit einer Stelle, die sie so wenig erfüllt. Bei dir ist es ebenso. Seit ich dich kenne schimpfst du über deine Anstellungen. Wäre es nicht langsam an der Zeit, daß wenigstens eine von euch eine Karriere einschlägt, die sie mit Stolz erfüllt und mit ein wenig... Freude?"
"Hm. Und wieso ich und nicht sie?"
"Weil du ohnehin gekündigt hast!" Er warf die Arme in die Luft. "Du sagst, du kannst es dir finanziell leisten wählerisch zu sein. Wähle doch endlich einmal richtig, ehe sich bei den Arbeitgebern herumspricht, daß du flatterhaft seist."
"Schön, ich habe deine Meinung vernommen und werde darüber nachdenken, ehe ich meine Entscheidung treffe."
"Das freut mich zu hören, Beryl, wirklich. Du bist eine starke Frau, und du hast es nicht nötig unerfüllt zu arbeiten. Mit deinen Kenntnissen stehen dir fast alle Wege offen. Ich hoffe, meine offene Meinung hat dich nicht gekränkt?"
"Nein, hat sie nicht. Offen und ehrlich ist mir am liebsten, das weißt du. Nachdem das geklärt ist, erzähl mir doch mal, was du in der Woche so getrieben hast, ehe es dich zu deiner Verabredung zieht."
Sie plauderten noch eine Weile, wobei Beryl ihre eigenen Treffen mit Jade bewußt verschwieg, ehe der Vampir sich verabschiedete und sie in einer sehr nachdenklichen Stimmung zurückließ. Die Rothaarige seufzte, spülte das Geschirr und wanderte dann unschlüssig durchs Haus, bis sie vor ihrer Staffelei stehenblieb.
"Soll ich es wirklich wagen?" fragte sie sich laut. Sehnsüchtig, geradezu liebevoll betrachtete sie das mit Farbe verschmierte Holzgestell. "Was ist, wenn ich doch nicht gut genug bin, um in dieser Welt zu bestehen?"
Sie wußte nicht, wie lange sie dort stand. Immer wieder sagte sie sich, daß ihre Bilder hervorragend seien, immer wieder zweifelte sie.
Schließlich atmete sie tief ein. "Das Vampirchen hat recht. Wenn ich es nicht versuche werde ich mich auf ewig ärgern."
Entschlossen holte sie ihr Handy hervor und bewarb sich beim Kulturzentrum.
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