Am Montag morgen fühlte sich Jades Gehirn immer noch so an, als sei es ungefähr 3,5 Größen zu groß für ihren Kopf. Ihr Schädel brummte, aber ihre Pläne für heute waren zu wichtig, um dem Schmerz nachzugeben. Sie biß die Zähne zusammen, machte sich fertig wie immer und ging zur Arbeit. "Du schaffst das schon, Jade!" sagte sie sich tapfer, als sie noch vorm Haus der nächste Schwall von Kopfweh übermannte. "Kein Ding!"
Nach der Arbeit, die heute eine einzige Qual gewesen war, obwohl sie, wie am Wochenende beantragt, deutlich früher gegangen war, traf sie sich wie geplant mit Beryl, von der sie erst einmal tüchtig ausgeschimpft wurde, weil sie nicht auf ihre Nachrichten reagiert hatte. Jade entschuldigte sich dafür und erzählte ihrer Freundin von dem seltsamen Traum und der noch seltsameren Begegnung mit Caleb am Vortag. Die andere verstand, was passiert war, behielt ihr Wissen aber erneut für sich. Zunächst wollte sie mit dem Vampir sprechen, auch was seine seltsame Einladung in die Bar betraf. Ihr fiel auf, daß Jade von Zeit zu Zeit schmerzhaft das Gesicht verzog. Das konnte sie verstehen. Nach ihrem eigenen Vampirangriff hatte sie sich auch noch lange unwohl gefühlt. Im Laufe des Tages kamen ihr die Schmerzen ihrer Freundin allerdings doch immer seltsamer vor. So mies wie sich Jade offenbar fühlte war es ihr nicht gegangen, und es schien immer schlimmer statt besser zu werden, während Beryl damals mit jedem Nickerchen und jeder Mahlzeit wieder mehr zu Kräften gekommen war.
Dennoch setzten die beiden Frauen ihren Plan vom Samstag in die Tat um und kauften für Jade mehr Make-up und eine Kette. Wo sie schon mal in der Stadt waren besorgte Beryl sich auch noch einige Dinge und sie stöberten durch zwei Boutiquen und ein Geschäft für Kleinmöbel und Accessoires, ehe sie sich auf den Weg zu Jades Haus machten.
"So, da wären wir!" machte Jade erleichtert, als sie die Treppe hinaufstiegen. Der Tag war ihr wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen.
"Wir haben noch über zwei Stunden, bis Caleb kommt, oder denkst du, er kommt überpünktlich?" erkundigte sich Beryl, woraufhin die andere meinte: "Ich will es ihm nicht raten! Wenn er heute nicht ausgeschlafen ist ziehe ich ihm etwas über den Schädel, damit er endlich schläft!"
Beide Frauen kicherten, und Jade verzog erneut das Gesicht und rieb sich die Schläfen.
Die Rothaarige sah sie besorgt an. "Dich hat's ganz schön erwischt. Sollen wir abblasen und dich ins Bett stecken?"
"Auf keinen Fall!"
"Na gut. Dann laß uns noch ein paar Minuten hier draußen bleiben, etwas frische Luft nach dem Bus tut dir sicher gut."
"Gute Idee, dann kann ich noch meine Pflanze gießen."
Beryl ließ sich am Schachtisch nieder, während Jade nach der Gießkanne griff. "Ist das Spinat?"
"Ja, den pflanze ich seit einigen Tagen an. Meine Tomaten stehen hinterm Haus, aber die hab ich gestern noch gegossen." Während sie das sagte verzog Jade erneut schmerzhaft das Gesicht.
"Wenn das morgen nicht besser wird solltest du vielleicht wirklich mal zum Arzt gehen, meinst du nicht?"
"Mal sehen. Es sind doch nur Kopfschmerzen. Bestimmt hab ich mir was gezerrt oder sowas, als ich im Flur lag. Ich kann immer noch nicht fassen, daß ich geschlafwandelt bin."
"Tja..." Die Rothaarige mußte das Thema wechseln, was ihr angesichts des Zustands ihrer Freundin gar nicht gefiel. "Hab ich eigentlich schon erwähnt, daß ich befördert wurde?"
"Nein, erzähl!"
"Ich bin jetzt Hungrige Künstlerin! Sie erwarten jeden Tag ein Gemälde von mir, aber das ist in Ordnung, weil ich damit ein gutes Zusatzeinkommen habe. Das Geld für die Bilder und der Bonus haben meinen Topf mit Spaßgeld dermaßen gefüllt, daß ich mir bald erstmal einen neuen Fernseher zulegen werde!"
"Glückwunsch! Oh, jetzt bin ich neidisch! Das sollte ich echt auch mal tun, aber bei mir hat es letzte Woche gerade mal für eine neue TV-Bank und ein Sideboard gereicht! Diese olle Kiste ist dermaßen winzig, daß es kaum Spaß macht darauf etwas anzuschauen. Ich verstehe überhaupt nicht, wieso Caleb ständig bei mir Filme schauen will."
"So? Ich schon!"
"Wir könnten aber doch auch bei ihm schauen, auch wenn er letztens meinte, er habe im Moment keinen Fernseher. Das wird doch kein Dauerzustand sein bei jemandem mit seinem Job."
"He he, das kann ich mir so richtig schön vorstellen. Er schaut fern, du sitzt ihn anhimmelnd in der Mitte und neben dir sein Schwesterherz Lilith."
"Oh, du meine Güte, daran hab ich gar nicht gedacht! Laß uns doch wieder von etwas anderem reden! Sie hat dich wirklich angegraben in der Nacht?"
"Für mich klang es so! Aber ja, laß uns das Thema wechseln, bis wir neue Infos über sie haben. Das haben wir heute echt schon totgeredet!" Beryl überlegte kurz. "Ah! Ich weiß was! Nach dem Romantikfestival habe ich einen Obststand gefunden! Jetzt habe ich neue Sorten daheim, und heute morgen habe ich einen Birnbaum gepflanzt!"
"Wow! Birnen sind klasse!"
"Finde ich auch! Ich hoffe nur, er wächst auch ordentlich in meinem kargen Boden. Wenn du magst geb ich dir Birnen ab, damit du auch einen pflanzen kannst. Oder ich sage dir, wo der Obststand zu finden ist, wenn du selbst die Auswahl durchforsten willst."
"So reizvoll es auch ist, ich weiß nicht, ob mein Garten groß genug ist für einen Baum. Aber über einen zweiten Pflanzkübel habe ich schon nachgedacht, und das Gestrüpp da unten könnte ich auch mal durch etwas nützliches ersetzen. Meine Tomaten sind zwar inzwischen vom Geschmack her fast perfekt, aber dennoch hängen sie mir langsam zu den Ohren heraus. Ich verkaufe sie teilweise schon an Nachbarn."
"Na, wenn dadurch das Kapital für den Fernseher wächst ist doch alles gut!"
Sie lachten, Jade ein wenig vorsichtiger wegen ihrem Kopf, bis sich ihr Magen meldete. "Ich hab Hunger. Sollen wir noch etwas essen, ehe Caleb kommt?"
"Ach, ich dachte du fragst nie!" meinte Beryl grinsend und stand auf. "Laß uns die Küche plündern!"
"Tut mir leid, ich bin echt eine miese Gastgeberin. Das muß wohl daran liegen, daß Caleb nie etwas will. Man gewöhnt sich irgendwann daran, nichts anzubieten!"
"Das macht nichts, ich hab ja auch einen Mund, den ich aufmachen kann im Bedarfsfall! Können wir denn etwas vegetarisches für mich machen? Ich koche auch gerne selbst, wenn du nicht magst."
"Nein, gerne! Ich esse auch oft fleischlos. Wie wäre es mit Tofu-Tacos?" fragte Jade, während sie bereits in die Küche abbog. Beryl blieb noch kurz stehen und ließ die recht karge Einrichtung auf sich wirken. "Du bist soeben zu meiner besten Freundin geworden, Jade! Jeder, der auch mal ohne Fleisch auskommt, steht in meinem Buch auf der Seite mit den ganz lieben Leuten! Und hey, du hast einen guten Geschmack! Genau dieselbe TV-Bank habe ich auch!"
"Echt? Ich dachte, deine hätte eine andere Farbe..."
"Nein, auch grün mit falscher Marmorplatte. Eindeutig ein Beweis unserer Schwesternschaft!"
Für die Rothaarige war es selbstverständlich mit anzupacken. Sie schnippelten gemeinsam Gemüse, und während Jade am Herd stand erledigte Beryl schnell den Abwasch.
"Es ist super lieb, daß du mir hilfst, aber das mußt du doch nicht!"
"Ach, Unsinn! Ist doch wohl das mindeste, wo du mich durchfütterst und dabei noch meine Vorlieben beachtest."
Als sie kurz darauf am Eßtisch saßen und genüßlich die wohlschmeckenden Tacos verspeisten, fiel Beryl ein kleines Bild an der Wand auf. Es zeigte eine weiße Fee vor einem blauen Hintergrund. "Das Gemälde ist sehr niedlich. Von wem ist das?"
"Oh danke! Das ist von mir. Das erste Bild, das ich nicht direkt wieder übermalt habe", erklärte Jade verlegen, woraufhin die andere ein enttäuschtes Geräusch machte. "Aw, übermalt?! Die anderen Versuche hätte ich auch gerne gesehen. Es ist immer wieder nett, die Fortschritte zu sehen, welche engagierte Künstler nach und nach beim Üben machen."
"Naja, als Künstler würde ich mich nun wirklich nicht bezeichnen. Ich hatte aber kein Geld für große Kunst und fühle mich zu alt für Poster. Und da Caleb mein Haus für so armselig hält dachte ich mir, das erste Bild, das nicht völlig furchtbar aussieht, hänge ich hin."
"Was?! Er ist doch immer so höflich! Hat er das wirklich gesagt?"
"Nicht mit Worten, aber manchmal sagt ein Blick alles." Jade schob sich das letzte Stück Taco in den Mund.
"Oje!" Beryl dachte zwar, daß das Haus wirklich furchtbar ausgesehen haben mußte, wenn sie erst letzte Woche nachdekoriert hatte und dies das Ergebnis war, sie wollte Jade aber nicht deprimieren.
"Ich weiß noch nicht, ob ich es wirklich da hängen lasse oder es nicht doch erstmal ins Schlafzimmer verbanne, bis ich mir sicher bin, daß ich es mag. Aber ich habe bereits angefangen für weitere neue Möbel etwas zur Seite zu legen. Daran gedacht hatte ich schon mehrfach, aber am Ende ist es mir immer wichtiger ein Instrument oder Bücher zu kaufen." Jade seufzte theatralisch.
"Oder Make-up! Aber wo ist denn eigentlich deine Gitarre?"
"Im Schlafzimmer. Ich hatte sie zur Seite geräumt, um sie beim Aufbauen der Möbel nicht zu beschädigen, und dann war ich zu erledigt, um sie zurückzustellen. Nächste Woche überlege ich mir, wie ich das hier endgültig umgestalte."
"Vielleicht kaufst du dir vorher noch eine Topfpflanze?" schlug Beryl vor.
Ihr Gegenüber sah sie überrascht an. "Meinst du? Findest du es hier etwa auch so ungemütlich?"
"Topfpflanzen sind gut fürs Raumklima, und grün wirkt immer beruhigend. Alles ist besser mit Pflanzen."
"Na, mal sehen."
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