Sims4 Soap Opera
Am Sonntag war Jade bereits sehr früh wach. Die Geschehnisse des Vortags ließen sie einfach nicht los. Es tat ihr leid, daß sie Caleb derart angefahren hatte, aber er hatte ihre Nerven völlig zerrüttet. Nachdem die Wirkung des verfluchten Tees nachgelassen hatte war ihr alles peinlich gewesen, was sie an dem Abend gesagt hatte. "Warum konnte er nicht vorher zugeben, daß er Romantik nicht ausstehen kann? Es hätte auch noch andere Orte mit Laternen gegeben."
Immerhin wußte sie nun, daß sie vollkommen chancenlos war, was auf brutale Weise tröstlich war. Vielleicht konnte sie nun heilen. Sie seufzte und blätterte ein wenig die lokalen Neuigkeiten auf ihrem Handy durch. Auf einmal stieß sie auf etwas interessantes.
"Das klingt doch nach einer guten Möglichkeit um zu sehen, ob wir uns wieder vertragen können." Sie war der Meinung, daß sie ein Wiedersehen nicht lange hinauszögern sollte, damit sie gar nicht erst damit anfangen konnte ihm irgendetwas länger nachzutragen oder Blockaden aufzubauen. Außerdem wollte sie testen, ob ihr seine Gesellschaft ohne ständige Komplimente und Umarmungen leichter fiel. Kurzentschlossen rief sie ihren Freund an und nahm all ihre Willenskraft zusammen, um fröhlich zu klingen.
Er nahm erst nach mehrmaligem Klingeln ab, was nicht seiner Art entsprach, und Jades Herz klopfte ihr schon bis in den Hals vor Sorge, daß er nichts mehr mit ihr zu tun haben können wollte. "Ja?" kam es etwas gehetzt aus dem Lautsprecher.
"Hey Caleb, hier ist Jade", grüßte sie vorsichtig und hörte ein Seufzen am anderen Ende.
"Hallo, Jade. Was kann ich für dich tun?"
"Ich habe gerade gesehen, daß einer meiner Lieblingsromane verfilmt wurde und im Willow Creek Kino läuft. Wie wäre es, wenn ich dich einlade, um mich für mein Verhalten von gestern Nacht zu entschuldigen?" Sie gab sich so gut gelaunt wie sie konnte, was relativ einfach war, da sie den Film wirklich gerne sehen wollte, aber auch vorsichtig zerknirscht, um ihn wissen zu lassen, daß es ihr leid tat.
Es war kurz still in der Leitung. "Du willst ins Kino?"
"Wenn du mitkommen magst würde ich mich sehr freuen. Ich verspreche auch, es geht nicht um Kapitän Rosa Rüschen!" Jade lachte, und ihr Freund stimmte tatsächlich leise mit ein.
"An welche Vorstellung hattest du denn gedacht, Jade?"
"Wann paßt es dir am besten? Natürlich würde ich am liebsten heute gehen, um den Drachen zu sehen, aber ich kann auch ein paar Tage warten, wenn es dir lieber ist."
"Ein Drache? Na, den sollten wir nicht zu lange warten lassen!" Nun klang er interessiert. "Um wieviel Uhr läuft die Abendvorstellung?"
"Hier in Willow Creek eine um 18 und eine um 22 Uhr, wobei die mir zu spät wäre. Habt ihr ein Kino in Forgotten Hollow?"
"Nein, nein, 18 Uhr in eurem Filmpalast klingt perfekt!"
"Also heute abend schon? Prima! Hab ich dich gerade eigentlich bei etwas gestört?"
"Meine Schwester scheucht mich nur herum. Wir bauen unseren neuen Fernseher auf."
"Ah, ich verstehe. Da will ich nicht länger stören! Wir sehen uns vorm Kino! Grüß Lilith schön von mir, ja? Bis später, Caleb!"
"Das werde ich gerne tun. Bis später, Jade." Caleb legte auf und starrte sein Handy an. Seine Schwester sortierte gerade die Kabel für den TV und studierte die Aufbauanleitung. "Was ist los?" fragte sie mit hochgezogener Braue. "Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen." - "Ich... soll dich von Jade grüßen." - "Geschenkt." Sie schnaubte und bastelte weiter an den Anschlüssen, um die mitgelieferte DVB-T Antenne zum Laufen zu bekommen. "Das Menschlein hat dich gestern sehr geärgert, oder?" - "Wie kommst du darauf?" fragte er ausweichend und begann die verstreuten Verpackungsmaterialien aufzuklauben und sie in den leeren Karton zu stopfen, um sie später zur Mülltonne zu bringen.
Seine Schwester grinste nur fies. "Na, bei deiner Laune, als du nach Hause kamst..."
"Ach, ist schon gut." Mit einem Seufzen ließ er sich auf der Couch nieder. "Erst war ich wütend, ja, aber wenn ich ehrlich bin war ich alles andere als unschuldig an dem Fiasko." - "So?" - "Ich kann dir nur raten, niemals auf das Romantikfestival zu gehen, Lilith. Es macht Vampire zu Monstern und Menschen zu Drogenzombies." - "Romantikfestival?!" schnaubte sie und saß kerzengerade. "Soll das etwa heißen, daß zwischen dir und dieser Jade doch etwas läuft?!"
"Mitnichten!" - "Und weiß sie das auch?" - "Wie meinen?" fragte er verwundert.
"Na, dein Menschlein - weiß sie, daß du nichts von ihr willst?"
"Unsere Beziehung ist platonisch, in dem Punkt herrscht Einigkeit."
"Ah ja? Wer von euch wollte denn auf dieses Festival? Du oder sie?"
"Zugegeben, sie. Aber schon seit vielen Wochen und nur wegen der Laternen, die ich ihr angepriesen hatte." Er lachte bei dem Gedanken, daß es anders gewesen sein könnte. Zugegeben, Jade hätte unter dem Einfluß des Tees womöglich noch die wildesten Dinge getan, die sie später bereut hätte, aber was sie gesagt hatte trug er ihr nicht wirklich nach. Nichts davon war echt gewesen, so wie keine Sache auf diesem Festival echt war.
Lilith verzog angewidert das Gesicht und zeigte mit dem Schraubendreher auf ihn. "Laternen, sicher. Jede Wette, daß sie darauf gewartet hat, daß du den ersten Schritt machst."
"Schwester, sie hat mir gestern im Gegenteil verboten sie je wieder zu umarmen, und außerdem denkt sie neuerdings ich sei homosexuell", seufzte er, woraufhin seine Schwester spontan Tränen lachte. "Schwul? Du?! Bwahahaha!" Sie mußte das Werkzeug hinlegen, um sich mit beiden Händen die Augen zu putzen, aber das Lachen wollte nicht aufhören. "Ausgerechnet du! Teufel auch, wenn die wüßte..."
"Bist du bald fertig?" fragte er leicht genervt, als sie nicht aufhörte zu kichern. Sie machte eine einlenkende Geste, wischte noch einmal Lachtränen weg und nahm wieder den Schraubendreher zur Hand. "Hat das wasserfeste Make-up doch mal was gebracht... Weißt du, Bruder, ich hab ja nicht viel Ahnung von den Menschen, aber das klingt genauso wie die Sprüche, die Dorothee von der Lind und ihre Freundinnen damals immer drauf hatten", meinte sie belustigt und sprach damit eine Vampirin an, die sie vor etwa 100 Jahren gekannt hatten und mit der Lilith recht gut befreundet gewesen war. "Immer, wenn ein Graf nichts von ihr oder einer ihrer Freundinnen wissen wollte, meinten sie kollektiv, er stehe bestimmt auf Männer. Ein 1A Abwehrmechanismus gegen Herzschmerz."
"So ist das bei Jade aber nicht", verteidigte er seine Freundin automatisch, konnte den Gedanken aber nicht gleich ganz von sich schieben. Die Vorstellung war, gelinde gesagt, verstörend.
"Klar, bei deiner Jade ist es gaaanz anders!" Die Vampirin grinste wölfisch. "Wenn du dich in deiner Ehre gekränkt fühlst setz deinen Vampircharme ein und zeig ihr, wie die Dinge richtig liegen."
"Lilith!"
"Dann halt nicht, es war ja nur ein Vorschlag. Die Verkabelung ist so weit. Hilf mir, den Fernseher auf den Tisch zu stellen, und dann wird sich zeigen, ob wir in diesem Tal Empfang haben."
Jade beschloß, daß es an der Zeit war ihre E-Gitarre auszuprobieren. Sie nahm sie aus dem Ständer und legte den Gurt um. Das Instrument war schwer, lag aber hervorragend in der Hand. Die Marke nannte sich 'Kreischgitarre des Sensenmanns' und hatte dementsprechend einen aufmodellierten Totenkopf mit Hörnern und Flammen als Motiv. Seltsamerweise glühten die Augenhöhlen des Schädels manchmal rot, obwohl es keinen Schalter dafür gab. Hoffentlich war das kein Batteriefresser.
Die junge Frau spielte die ersten Akkorde und war vom Klang begeistert. "Wow, das ist echt nicht schlecht!" Sie begann eins ihrer Lieblingslieder zu spielen, dann noch eins und ein weiteres. Die Musik war Balsam für ihre Seele, und Jade gab sich ihr wie üblich ganz hin.
Bis zu ihrer Verabredung hatte sie noch viele Stunden. Jede Menge Zeit, sich abzureagieren.
Sims4 0088 Nachspiel <- # -> Sims4 0090 Katzenohren
Traurig wanderte sie alleine auf den Festplatz zurück. Es waren nicht mehr viele Leute da. Die meisten waren ins Honey-Pop abgewandert oder nach Hause gegangen, allein oder in Begleitung eines neuen Schwarms. Auch die ersten Händler packten bereits ein, aber die Beleuchtung stand noch und auch beim Romantik-Guru, der nicht mehr zu sehen war, brannten noch die Kerzen. Trotz allem, was geschehen war, konnte Jade den Anblick genießen. Es war wunderschön hier und sie beschloß, sich auch irgendwann Laternen für ihren Garten oder die Veranda zu kaufen. Vielleicht sollte sie auch in der Wohnung mal eine Kerze aufstellen.
Es war ihr unbegreiflich, wie jemand, der angeblich ebenso auf kitschige Liebesromane stand wie sie, diesen Anblick nicht mögen konnte. Schon allein die blühenden Kirschbäume waren den Besuch mehr als wert gewesen. Sie kam erneut am Hochzeitsbogen vorbei, dessen Lautsprecher inzwischen ausgeschaltet war. "Tja, Kumpel, wir werden uns wohl nicht so schnell wiedersehen."
Die junge Frau setzte sich an einen der bunten Tische, sah dabei zu, wie die Fontäne mit dem Sakura-Tee abgebaut wurde, und wurde schließlich von einigen Männern freundlich verscheucht, als sie die Tische wegräumen wollten. "Sind die 20 Minuten nicht längst um?" wunderte sie sich und ging zum Honey-Pop zurück. Caleb war nirgends zu sehen, weder auf dem nun leeren Platz, noch in der Bar. Sie ging hinein und sah sich kurz um, aber auch in dem dichten Gedränge war er nicht aufzufinden. Er war verschwunden.
"Soviel dazu." In Jade brodelte es. Hatte er sie schon wieder versetzt! Sie hatte genug davon ihn ständig zu suchen und am laufenden Band die Dumme zu sein auf diesem Festival. Dann sollte halt er sie finden! Sie lief einen der anderen Zubringerwege zu den Fahrstühlen entlang. Auch dieser Weg war herrlich und sicher auch bei Tag einen Besuch wert, doch auch hier traf sie nicht auf ihren Begleiter. Sie sah sich Skulpturen und bunte Büsche an und gelangte schließlich an einen Miniatur-Bambuswald mitten auf einem Platz. Mehrere Teiche waren hier angelegt und es fühlte sich an als sei sie mitten in einem japanischen, verzauberten Märchenwald, in dem Natur und moderne Stadt miteinander verschmolzen.
Sprachlos sank die junge Frau auf eine Bank und ließ die Umgebung auf sich einwirken. Alles war ruhig und friedlich, selbst der Verkehr von unten war kaum zu hören. Nur das Wasser gluckerte.
Von ihrem Sitzplatz aus erschien es, als sei sie auf dem Erdboden, denn in der Ferne erhob sich die Silhouette von San Myshunos Wolkenkratzern und Werbetafeln im Kunstlicht glühend vor den nachtschwarzen Himmel. Sie war so weit oben, und es ging immer noch höher... "Wie verrückt die Menschen sind."
Wie gerne hätte sie den Anblick mit Caleb geteilt, aber er war ja nicht da. Jade wünschte sich, diesen Abend hätte es nie gegeben. Gleichzeitig jedoch wünschte sie sich, das Fest hätte nie aufgehört. Wenn sie es doch nur hätte einfrieren können an der Stelle, als sie die Blütenblätter geworfen hatte. Könnte sie die Zeit zurückdrehen, sie wäre den Abend anders angegangen. Doch nun war alles so gekommen, wie es gekommen war, und sie hatte nur größtenteils hilflos zusehen müssen, wie ihre Freundschaft fortgeschwemmt worden war.
In ihren Augen brannten Tränen, und nun, wo sie alleine war, bemühte die junge Frau sich nicht mehr sie zurückzuhalten.
Über eine Stunde später schleppte Jade sich die Treppe zu ihrem Haus hinauf, weil ihre Füße sie langsam umbrachten. Sie hatte noch eine ganze Weile auf der Bank gesessen und gewartet, ob Caleb noch auftauchte oder anrief, aber sie hatte nichts von ihm gehört, also war sie allein nach Hause gefahren.
Nun war es nach 2 Uhr morgens und sie kickte erstmal die Sandalen von den müden Zehen, ehe sie ins Schlafzimmer ging und dort behutsam die neue Schneekugel auf ihre Kommode stellte. "So hast du auch etwas davon, Melvin", sagte sie zu ihrem Fisch und setzte sich aufs Bett. "Weißt du, es war wirklich wunderschön auf diesem Fest! Du hättest all die herrlichen Lichter sehen sollen!" Sie sah aus ihrem Fenster an den Himmel hinauf, an dem sich ein halber Mond zeigte, und wünschte sich in ihrer Straße gäbe es auch solche Laternen.
Es klopfte. Jade sprang ruckhaft auf. Wer konnte das sein, mitten in der Nacht? Sie spähte vorsichtig durchs Fenster. Caleb stand draußen. "Das gibt's doch nicht!" Hatte er es sich etwa doch noch anders überlegt und wollte ihr etwas sagen? Sie lief barfuß in den Flur und riß die Tür auf, als er gerade gehen wollte. "Was machst du hier, um diese Zeit?" rief sie und trat auf die Terrasse.
Ihr Freund wandte sich um und kam zurück. Er sah erleichtert aus. "Jade! Hier bist du! Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich dich nicht finden konnte! Warum hast du nicht Bescheid gesagt, daß du heimgehen wolltest?"
"Ich hätte Bescheid geben sollen?! Ich?! Viermal mußte ich heute nach dir suchen, und als ich davon ausgehen mußte, daß du nach Hause gegangen seist, bin ich auch gegangen!"
"Es tut mir leid, die Party in der Karaokebar ist ein wenig ausgeufert, aber eine kurze SMS hätte genügt und ich wäre zur Stelle gewesen!" meinte er aufmunternd.
"Ich will aber nicht meinem Begleiter per Handyortung hinterher rennen, und du hättest es genauso machen können, um mich zu finden! Übrigens war ich in der Bar, aber du nicht! Du hättest auch einfach vorher sagen können, wie sehr du dieses Festival haßt, dann wären wir niemals hingegangen!" rief sie aufgebracht.
Der Vampir legte den Kopf schief. "Na, 'hassen' ist ein sehr hartes Wort. Es ist mir das unliebste Fest, das ist wahr. Aber du wolltest die Laternen sehen und hast sie gesehen, oder nicht?"
"Nein, ich wollte sie mit dir sehen! Mit dir, verstehst du? Nicht alleine, nicht mit liebestollen Fremden, nicht mit der Aufräum-Crew, mit dir, Caleb Vatore! Ich bin maßlos enttäuscht! Du warst heute ein absolut mieser Freund, und du bist der unromantischste Klotz, den ich kenne, und ein Volldepp noch dazu!" Sie schimpfte sich allen Kummer von der Seele. Wie blind konnte er eigentlich noch sein?!
Caleb sah betroffen aus. "Es tut mir sehr leid, Jade, offenbar habe ich unterschätzt, wie wichtig dir dieser Abend war, aber du mußt auch zugeben, daß heute sehr viel passiert ist."
"Ganz offenbar hast du es unterschätzt, allerdings. Das war mein liebstes Fest, und du hast es mir komplett verdorben mit deinem ständigen Verschwinden und Meckern!"
"Dein liebstes?!" Er war ebenso überrascht wie erschüttert angesichts dieser völlig unerwarteten Information. "Ich weiß, du hattest dich auf die Laternen gefreut, aber damit hätte ich nicht gerechnet. Dann tut es mir um so mehr leid, Jade Sparkle. Wir können beim nächsten Mal erneut hingehen, und ich verspreche nicht von deiner Seite zu weichen, solange du nur nicht wieder von dem Tee trinkst." In ihm wehrte sich zwar alles dagegen, sich das ein weiteres Mal anzutun, aber wenn es ihr so wichtig war...
"Nein, danke!" rief sie aufgebracht.
"Aber wieso...?"
"Da gehe ich nie wieder hin, schon gar nicht mit dir! Eine Nacht auf der Parkbank zu heulen war genug."
"Du hast geweint?! Wieso das?! Jade, würdest du bitte mit mir reden?"
"Geh bitte! Ich kann dich heute nicht mehr sehen, Caleb!" Mit einem Schluchzen in der Stimme rauschte sie ins Haus und schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
Der Vampir fühlte sich, als habe ihm jemand die Faust in die Magengrube gerammt. Was war denn jetzt passiert? Ja, er hatte einen großen Fehler gemacht, als er die Zeit vergessen hatte und nicht zu ihr aufgeschlossen war zur Laternenschau, und sicher war er auch nicht der beste Unterhalter gewesen auf diesem Fest, an dem ihm fast nichts gefiel. Daß sie ihn in der Bar nicht finden konnte, mochte daran liegen, daß er zwischendurch bei den Toiletten gewesen war, um sich die Hände zu waschen und sich frisch zu machen. Da hatten sie sich wohl leider verpaßt. Aber was hatte er unverzeihliches getan, daß sie nie wieder ein Festival besuchen wollte, das spontan zu ihrem Liebling avanciert war? Und was hatte ihr daran dermaßen gut gefallen? Sie hatte die halbe Zeit vor sich hin gestarrt, mehrmals geweint und sozusagen mit ihm Schluß gemacht, zumindest was Umarmungen anging. Zudem interessierte sie der eigentliche Zweck des Festes nicht im geringsten. DAS war ihr liebstes Festival gewesen?!
Verwirrt ging er heim.
Nachdem Jade schnell geduscht hatte und ins Bett gekrabbelt war sah sie ein letztes Mal ihre Schneekugel an, ehe sie die Augen schloß. Sie träumte die ganze Nacht von Blütenregen.
Sims4 0087 Verdachtsmomente <- # -> Sims4 0089 Nichts, was ein Drache nicht wieder hinbiegen könnte
"Na, da bin ich mal gespannt. Laß hören, wie deiner Meinung nach mein Traummann sein müßte."
"Hm... Zunächst einmal müßte er natürlich Musikliebhaber sein. Vielleicht also ein Künstler oder sogar selbst ein Musiker. Er muß belesen sein, gute Manieren und Hygiene haben und eher häuslich sein statt sportlich, zumindest sollte er kein Extremsportler sein, der mit dir Berge besteigen möchte. Er sollte Fantasy- und Gruselfilme mögen, geduldig und zärtlich sein und selbstverständlich treu."
"Die Hälfte von dem, was du da aufzählst, stellt ja wohl das absolute Minimum dar, was man von einem ordentlichen Partner erwarten darf. Keiner will einen ungehobelten, fremdgehenden Wutknochen, der nur alle drei Wochen duscht. Da mußt du schon expliziter werden", unterbrach sie ihn.
"Oh, die Dame hat hohe Ansprüche an ihren Verkuppler!" Caleb schürzte die Lippen. "Na schön. Ein Hundeliebhaber käme nicht in Frage, da du keine Hunde magst. Chirurg sollte er ebenfalls lieber nicht sein, um dich nicht an deinen Vater zu erinnern, aber eine gute Anstellung wäre natürlich nicht verkehrt. Dein Traummann sollte darüber hinaus gesundes Essen und Rohkost zu schätzen wissen und gut zuhören können. Wie ist das?"
"Au weia!" lachte Jade und schüttelte den Kopf so heftig, daß ihre Zöpfe nur so flogen, woraufhin er den Kopf schief legte. "Wie meinen? Liege ich so falsch?"
"Ich würde sagen, das war insgesamt zu einem Drittel richtig, zu einem Drittel Minimalstandard und zu einem Drittel völlig daneben."
"So? In welchen Punkten lag ich denn daneben?" fragte er interessiert.
"Mir wäre es egal, ob er Extremsport mag, solange er nicht erwartet, daß ich sein Hobby teile. Soll er doch mit seinen Freunden Berge besteigen, solange ich derweil Gitarre spielen kann. Was er ißt und was er arbeitet wäre mir ebenfalls völlig egal, ebenso der Hund, solange er sich um das Tier kümmert und nicht ständig ich bei Regen und Sturm mit ihm Gassi gehen muß. Im übrigen würde ich ihn liebend gern bekochen, und zwar nicht mit Rohkost!"
"Hm."
"Nach über fünf Monaten Freundschaft war das mal eine eher schwache Leistung für meinen besten Freund, Caleb. Versuch besser nicht mich zu verkuppeln, solange du mich nicht besser kennst. Du hast keine Ahnung, wovon ich träume." Zunächst starrte sie ihn mit einem eigentümlichen Ausdruck an. Schließlich zuckte sie förmlich zusammen und nippte frech an seinem Drink, was er mit erhobenen Brauen beobachtete, aber nicht weiter kommentierte, ehe sie hinzufügte: "Zudem hast du kein Wort über die körperlichen Qualitäten meines Auserwählten verloren."
"Wenn du der Meinung bist ich hätte Lücken in meiner Akte über dich, dann kläre mich gerne über die gewünschten Attribute auf, damit ich beim nächsten Mal besser treffe."
Sie schüttelte den Kopf. "Nein, ich denke nicht."
"Jetzt bist du unfair!" beschwerte er sich grinsend. "Nun gut, dann... groß, blond und sonnengebräunt?"
"Ich soll auf den Surfertyp stehen? Sieht das aus wie die Figur eines dazu passenden Bikinimäuschens?!" fragte sie in gespieltem Entsetzen und setzte sich provokativ in Pose, um ihre durchaus ansehnliche Oberweite zu präsentieren.
"Nun, zum einen würde dir ein Bikini auf jeden Fall gut stehen, doch zum anderen schwärmst du für mehrere Schauspieler, die dem Typ Blonder Held entsprechen."
"Gar nicht wahr, ich steh auf die Rollen, die sie gespielt haben!"
"Ich verstehe, dein Liebster sollte also Hexenjäger, Ritter oder Elf sein. Das erschwert die Suche natürlich minimalst!" sinnierte auch er in gespieltem Grübeln. Zu seiner Erleichterung nahm das Gespräch endlich eine lockere Wendung. Sein Gegenüber schien wieder etwas besser gelaunt als zuvor, allerdings erschien Jade ihm weiterhin völlig unberechenbar. "Na schön, Jade Sparkle! Da ich aus deiner Sicht so wenig Ahnung habe beweise mir doch, daß du es besser kannst! Was für eine Frau hättest du mir denn ausgesucht?"
Sie blinzelte ihn an. "Magst du Frauen überhaupt?" fragte sie plötzlich.
"Wie meinen?"
"Sollte ich dir nicht lieber auch einen Mann aussuchen?" Die junge Frau hatte tatsächlich seit Betreten der Bar über diese Möglichkeit nachgedacht und sich darüber geärgert, das nicht früher in Betracht gezogen zu haben. Es würde sehr viel erklären, zum Beispiel, daß er Interesse an Mode zeigte, sich nichts dabei dachte Frauen zu umarmen, ihnen Komplimente zu machen oder über Gefühle zu sprechen, und auch, daß er Beryl abblitzen ließ und den Umzug dieses ominösen Johns betrauert hatte. Auch sein eigenes Erscheinungsbild würde dazu passen. Natürlich waren das keine Beweise, auch Hetero Männer konnten so flamboyant sein, und es gab sicher zahllose andere Goths, die wie Caleb dunklen Eyeliner oder große Ohrringe trugen und Frauen mochten, aber es wäre doch eine tröstliche Erklärung für sie dafür gewesen, warum er ihr am laufenden Band so ungezwungen nette Sachen sagen konnte, ohne Interesse an ihr zu zeigen. Vielleicht war der Gedanke allerdings auch nur ihrem geknickten Ego entsprungen.
Calebs Brauen wanderten aufeinander zu. "Wie kommst du denn darauf?"
"Entschuldige, bin ich dir zu nahe getreten? Ich meine... wenn es wahr ist mußt du das nicht vor mir verstecken, aber wenn du es noch geheim halten willst verstehe ich das natürlich auch."
"Jade, ich habe kein romantisches Interesse an Männern und bin ehrlich gesagt gerade überfragt, wie du auf die Idee kommst. Rede ich nicht ständig über Damen?"
"Das sind doch bloß Worte. Du scheinst dich nie wirklich für Frauen zu interessieren."
"Wenn mich nicht alles täuscht habe ich dich vor wenigen Minuten noch als attraktiv bezeichnet."
"Was keinen Sinn macht ohne romantische Hintergedanken in Bezug auf mich! Oder willst du mich? Nein? Na, sag ich doch", konterte sie. Caleb sah sie streng an und versuchte etwas zu sagen, aber bei diesem Anblick wurde ihre Stimme ebenfalls fest und sie ließ sich nicht unterbrechen. "Entschuldige, aber für mich klingt das wie Schmeichelei von jemandem, der mir eine Freude machen möchte, denn da du mich weder heiraten noch mir den Preis für ein Date mit dir verraten willst, kannst du es nicht wirklich so meinen. Klar, du könntest im Geheimen ein totaler Schürzenjäger sein, der das zu allen Frauen sagt, um sich alles offen zu halten, aber du versuchst nicht mich abzuschleppen. Aaaaalso... Entweder lügst du und findest mich häßlich, oder das Kompliment ist nicht so gemeint. Beryl, die du für ach so attraktiv hältst, hat mir auch schon Komplimente zu meinem Aussehen gemacht, und die steht auch nicht auf Frauen!" Nach dem Wortschwall nahm Jade erneut einen großen Schluck von seinem Drink, den er eh nicht anrührte, da sie den Eindruck hatte, daß der Tee weniger schlimm wurde, je mehr Alkohol sie hinterherkippte. "Außerdem, hast du nicht selbst mal zu mir gesagt, daß die Nettigkeiten nur Blödsinn unter Freunden seien?"
Caleb war wie vor den Kopf gestoßen. Sicher wurde er ab und an von Männern angesprochen, deren Annäherungsversuche er stets höflich ablehnte, was ihn auch nicht weiter störte. Doch er hätte niemals damit gerechnet, den Eindruck homosexuell zu sein bei jemandem zu erwecken, der ihn näher kannte. Hatte Jade wirklich jedes Kompliment, das er ihr je gemacht hatte, als hohle Phrase oder Freundschaftsdienst abgetan?
"Jade, wenn ich einer Dame Komplimente mache, dann meine ich sie auch so. Man kann Rosen auch bewundern ohne sie zu pflücken, weißt du."
"Uh-huh." Ihrer Stimme fehlte die rechte Überzeugung und sie fügte in Gedanken hinzu: 'Man könnte zur Abwechslung aber auch einfach stumm durch den Garten gehen, ohne daß es die Rosen stört.'
Wieso machte es ihn gerade so irrational wütend, daß seine Freundin ihm nicht zu glauben schien? Es sollte ihm egal sein, wenn sie so dachte. Schwul zu sein war keine Schande, aber es war einfach nicht wahr! War das eine Retourkutsche, weil er ihre Wünsche bezüglich ihres Traummanns falsch eingeschätzt hatte? Oder war das verletzter Stolz auf seiner Seite? Wegen was? Seiner Eitelkeit als ein Mann, der gerne von Frauen umschwärmt wurde? Nein. Nein, es tat weh, daß sie ihn so wenig kannte. Fünf Monate kannten sie sich? Da hätte er von ihr auch mehr erwartet als von ihr als Lügner bezeichnet zu werden.
Jade stand auf, als wolle sie gehen, und er tat es ihr nach. "Moment, Jade Sparkle! Es konsterniert mich, daß du mir nicht zu glauben scheinst. Wenn du recht hättest wüßtest du es längst, aber du liegst falsch! Glaubst du wirklich, ich würde mich meiner besten Freundin gegenüber derartig verstellen?"
"Natürlich glaube ich dir, was hättest du für einen Grund mich zu belügen?" Insgeheim dachte die junge Frau sich, daß er zu viel protestierte und vielleicht doch etwas an ihrem Gedanken dran war, doch sie machte ein möglichst überzeugtes Gesicht. Falls es stimmte würde er sich ihr irgendwann anvertrauen, und falls nicht war es auch egal, ob er eines fernen Tages mit einem Mann oder einer anderen Frau im Arm auftauchen würde.
Der Vampir atmete hörbar aus und wollte sie umarmen, um das Thema zu beenden, doch Jade wehrte die Berührung ab und nahm stattdessen seine Hände in die ihren. "Hör zu, Caleb, das möchte ich dir schon eine Weile sagen. Egal, auf welches Geschlecht du stehst, von nun an möchte ich nicht mehr von dir umarmt werden, und ich möchte auch keine Komplimente und Sprüche zu meinem Aussehen mehr, in Ordnung?"
"Wie bitte?!" machte er gleichermaßen perplex wie schockiert.
Sims4 0085 Honey-Pop <- # -> Sims4 0087 Verdachtsmomente
Endlich hatte Jade wenigstens die richtigen Worte dafür gefunden, wie sie ihm dies sagen konnte ohne ihm ein volles Geständnis zu machen. Es tat weh, und es tat noch mehr weh ihn verletzt zu sehen, aber dank dem Tee fiel es ihr ein wenig leichter, und es mußte einfach gesagt werden. "Wie ich schon sagte, ich spare meine Umarmungen jetzt für meinen Liebsten auf. Du bist mein allerbester Freund, aber umarmen darf mich nur noch, wer mehr von mir will als Freundschaft."
Sie sahen sich eine Weile an, sie traurig, er verwirrt.
Schließlich meinte er vorsichtig: "Dann... hast du also doch schon jemanden in der Hinterhand und hast deshalb hier für niemanden ein Auge gehabt?"
"Nein, es gibt noch niemanden!" Sein Beharren darauf, nichts zu verstehen, nervte sie. "Aber je länger wir so weitermachen, desto schwieriger würde es später Grenzen zu setzen. Und wie du selbst sagtest wirkt es abschreckend auf potentielle Interessenten, wenn wir einander so nahe sind. Wenn du nicht mit mir gehen willst, dann laß uns damit aufhören es für Außenstehende so aussehen zu lassen als ob, sonst finden wir beide niemals jemanden, okay?!" Sie tätschelte ihm die Hand und sah aus, als würde sie jeden Moment umfallen.
Nun hielt er ihre Hände und sah sie immer noch eigenartig an. Jade hatte die vage Hoffnung, daß er vielleicht doch selbst Interesse anmelden würde, aber der junge Mann blieb still. "Es ist in Ordnung, Jade Sparkle. Ich werde versuchen, mich an deine Grenze zu gewöhnen. Sei mir bitte nicht böse, wenn es nicht sofort zu hundert Prozent klappt, ja? Alte Angewohnheiten sind schwer abzulegen."
"Sag ich doch." Sie lächelte und kämpfte selbst gegen den Drang ihn zu umarmen. "Aber wir bleiben Freunde, oder?"
"Natürlich", versicherte er sofort, "Wie kannst du auch nur fragen?"
Er sah so niedergeschlagen aus, daß sie ihn auf die Wange küßte. "Danke, Caleb. Ich werde dich immer lieb haben."
Als sie von ihm zurücktrat wäre seine instinktive Reaktion um ein Haar die Scherzfrage gewesen, ob sie Umarmungen nun durch Küsse ersetzt hatte, aber er hielt den Mund und sah sie nur stumm an, während ein sehr seltsames Gefühl durch seinen Magen wütete.
In Jades Augen lag ein trauriger Ausdruck und sie schien erneut gegen Tränen anzukämpfen. "Entschuldige den Kuß, das ist noch der Tee, fürchte ich."
"Ist schon gut."
"Ich... geh mal eben und versuche etwas davon loszuwerden, okay."
Er nickte und sah ihr zu, wie sie zu den Toiletten verschwand.
'Was zum Teufel...'
Sein Handy meldete den Eingang einer SMS. Um sich abzulenken schaute er nach, von wem sie stammte. Beryl hatte ihm geschrieben und fragte an, ob er bei ihr vorbeikommen wolle. Caleb zog die Stirn kraus und textete zurück:
'Hast du vergessen, daß ich mit Jade auf dem Romantikfestival bin?'
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: 'Wie, du hast sie noch nicht vergrault? Respekt!'
Er seufzte. 'Ich überlege, sie heim zu bringen, sie hat zu viel Tee intus und benimmt sich abnormal.'
'Wie, abnormal?'
'Völlig konträr zu ihrem Charakter, sie ist liebestoll und fokussiert das auf mich.'
'Oh, prima! In der Nähe soll ein gutes Love Motel sein! Viel Spaß, ihr zwei!'
Caleb knirschte wütend mit den Zähnen und steckte das Handy weg, ohne erneut zu antworten. "Ich hätte es mir denken können!" Die Vermutung, daß Beryl hinter Jades Verhalten steckte, drängte sich nun geradezu auf.
Irgendetwas hatte Beryl ihr in den Kopf gesetzt, und die naive Jade folgte dem Spielplan ohne zu merken, wie gefährlich er war. Nur so machte das haarsträubende Verhalten seiner besten Freundin Sinn. Er glaubte ihr durchaus, daß sie ein Problem mit ihrem Liebesleben quälte, doch was den heutigen Abend anging vermutete er nun stark, daß Beryl sie beeinflußt hatte. Worum genau es ging war ihm nicht recht klar, ob Jade ein Date mit ihm als Abschreckung oder Köder für einen Mann vorschützen wollte, oder ob die Rothaarige ihr eingeredet hatte sie bräuchte mehr Erfahrung, um bei ihrem Schwarm eine Chance zu haben, und er sei eine sichere Wahl zum Üben. Jade war so schüchtern, daß er sich durchaus vorstellen konnte, daß sie nicht allzuviel Erfahrung in sexuellen Dingen hatte, und Beryl wiederum hatte von ihm offenbar den gegenteiligen Eindruck, womit sie auf gewisse Weise nicht daneben lag. Vielleicht hoffte sie sogar, ein Techtelmechtel mit Jade unter dem Einfluß des Tees würde seine moralische Position gegenüber belanglosem Sex aufweichen und ihn auf den Geschmack bringen es auch mit ihr zu versuchen.
Letzten Endes war es Caleb egal, was Beryl da intrigierte. Es zu ignorieren würde die beste Wirkung zeigen. Um Jade jedoch mußte er sich kümmern, damit sie sich das Fiasko dieses Abends nicht zu sehr zu Herzen nehmen würde.
Mit einem tiefen Seufzen ließ der Vampir sich wieder auf den Barhocker sinken. Die Mixerin kam herüber und sah ihn mitleidig an. "Na, Hübscher, bist du von deiner Freundin abserviert worden?" - "Sie ist nicht meine... ach." Er ignorierte die Frau, die sich achselzuckend ihrer anderen Kundschaft zuwandte, als er keinen weiteren Drink bestellte, und dachte darüber nach, was nun aus ihrer Freundschaft werden sollte. Sicher bestand ihre Verbindung nicht nur aus Umarmungen, aber sich die Komplimente verkneifen zu müssen war hart. Was bedeutete das für die Zukunft? Wenn er ihre Grenzen einhielt, würde Jade dann wieder wie früher werden, die lustige Spinnerin? Oder würden von nun an alle Abende mit ihr so langweilig und seltsam wie die letzten sein?
So zugedrogt, wie Jade von dem Tee schien, war heute wohl nicht der rechte Zeitpunkt, um das näher zu hinterfragen, zumal sie ja bereits in nüchternem Zustand nicht reden wollte.
Nachdenklich rieb er sich die Wange an der Stelle, an der sie ihn geküßt hatte. Es fühlte sich immer noch warm an, und diesen letzten Akt des heutigen Dramas verstand er am wenigsten. Wieso wollte Jade nicht mehr angefaßt werden? War sie so sehr verliebt, daß es ihr wie Verrat an ihrem Schwarm vorkam? Hatte er ihr gar mit einer unbedachten Umarmung die Chance auf einen interessanten Mann verdorben, ohne es zu wissen? Oder war ihr in letzter Zeit etwas passiert? Hatte sie jemand belästigt und das war es, was ihre Stimmung so sehr drückte? Aber würde sie sich in dem Fall nicht viel mehr zu Hause verkriechen anstatt auf ein Flirt-Fest zu gehen? War gar er das Problem? Hatte sie die Umarmungen nie gemocht und den Widerwillen in sich angestaut, bis es aus ihr herausgebrochen war? Es wäre sehr traurig, wenn das der Grund war, denn er hätte sich gewünscht, daß sie in dem Fall früher etwas gesagt hätte. Irgendetwas störte ihn enorm an der ganzen Sache, aber er konnte noch nicht den Finger darauf legen, was es war.
Er konnte aus ihrem Verhalten weiterhin nicht einmal ableiten, ob nun sie das Ziel einer unerwünschten Annäherung war oder ob sie selbst unglücklich verliebt war. Wieso konnte sie nicht einfach mit ihm reden und ihm erklären, was Sache war? Es entnervte ihn unsäglich, ihr kein guter Freund sein zu können, weil er nicht wußte, was Jade gerade brauchte! Herrje, würden die nächsten Wochen schwer werden ohne jegliche Knuddler von Jade Sparkle! Konnte man sich daran überhaupt gewöhnen?
Mit einem Grummeln ging er zum Karaoke hinüber und sah sich den Auftritt einer Frau an, die es nicht ganz so schlecht machte wie ihre Vorgänger.
"Ach nein, ist er schon wieder weg?!" Zwar hatte sie etwas länger gebraucht, um sich auf den Toiletten wieder zu fangen, doch Jade war kurz davor einen Anfall zu bekommen, als sie zur Bar zurückkehrte und ihr Begleiter erneut nicht zu sehen war. Diesmal allerdings erspähte sie ihn nur wenige Meter weiter an der Bühne. Sie atmete tief durch. Das war das schlimmste Gespräch gewesen, das sie jemals hatte führen müssen, aber was hätte sie tun sollen? In der Mauer von Desinteresse, die ihn umgab, schien es nicht die kleinste Lücke zu geben. Sie waren auf dem Romantikfestival! Er hätte jederzeit selbst einen Versuch machen können sie zu umwerben, sie hatte ihm sogar mehrere Stichpunkte hingeworfen, aber nichts. Nichts außer den Komplimenten, die sie inzwischen nur noch traurig machten.
Doch auch wenn ihr Kopf verstand, ihr Herz schmerzte als wolle es zerplatzen. Hoffentlich würde etwas mehr Abstand ihr auf Dauer helfen über ihre Gefühle hinwegzukommen.
Sie ging zu ihm hinüber und hörte kurz zu. "Nette Show!"
"Ja, der Wettbewerb ist tatsächlich inzwischen recht spannend."
"Wie ist es nun, wollen wir uns die Laternen noch ansehen oder nicht? Jetzt ist es richtig dunkel."
Er sah nicht sehr begeistert aus von der Idee und schielte zur Bühne hinüber, wo ein neuer Kandidat zu singen anfing. "Magst du dir nicht erst das Ende des Karaokewettbewerbs mit mir anhören?"
"Nein, das Festival ist fast vorbei und ich möchte die Laternen nicht verpassen. Dann gehe ich allein."
"Bist du sicher?"
"Ja, klar. Es sind ja nur Laternen."
Caleb sah sie abschätzend an. Jade schien wieder besser zurecht zu sein. Ihre Augen waren klarer, sie schwankte nicht mehr und das Glühen war ein wenig abgeflaut. Dafür sah sie nun aus, als könne sie ein wenig Alleinsein gebrauchen, und er selbst brauchte ebenfalls einen Moment. Es schienen ohnehin fast alle Besucher des Festes inzwischen in die Bar zu strömen, so daß es hier drinnen gefährlicher für sie war als draußen. "Ich komme in 20 Minuten nach, in Ordnung? Bis dahin ist es sicher noch nicht vorbei."
"Wie du meinst, Caleb."
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"Na, Hübscher, immer noch nicht genug vom Festival, daß du noch eine Pause brauchst?" lachte die Barmixerin und bereitete ihm auf seine Geste hin ein weiteres Getränk zu. Caleb sah nur völlig fertig zur Decke hoch. "Du machst dir kein Bild davon, wie grauenhaft dieser Abend ist, Teuerste", sagte er mit einem tiefen Seufzen.
Warum ging heute bloß wieder alles schief? Langsam hatte er das Gefühl, daß ihm diese Freundschaft entglitt. Er vermißte die alte Jade, die, mit der er so viel Spaß gehabt hatte und die gerade für einen kurzen Moment aufgeblitzt war. Ob er mit der neuen Jade noch lange abhängen wollte wußte er einfach nicht, und das Gefühl machte ihm schwer zu schaffen. Er hatte sie wahnsinnig gern, aber es kostete ihn inzwischen schon einige Überwindung mit ihr etwas zu unternehmen, da sie jedesmal nach kurzer Zeit in diese eigenartige Stimmung verfiel, wenn sie sich denn überhaupt zu einem Treffen aufraffen konnte. Gleichzeitig wollte er sie aber auch nicht verlieren. Sie war seine beste Freundin, da konnte er doch nicht plötzlich aus ihrem Leben verschwinden, wie John es ihm gegenüber getan hatte!
Der Vampir trank seine Limonade mit Pfiff und lauschte dem schlechten Karaoke, das auf der großen Bühne vorgetragen wurde. Schließlich bestellte er sich ein weiteres Getränk. Das Romantikfestival war nüchtern wirklich schwer zu ertragen, und er vertrug leider sehr viel Alkohol, ehe er eine Wirkung spürte. Außerdem schmeckte alles hier abscheulich, aber einen Drink nach seinen Vorstellungen konnte er in dieser günstigen Bar leider nicht erwarten.
Beim Geräusch von Absätzen auf dem Parkett der Karaokebar, die er als Jades erkannte, wandte er sich mit einem gezwungenem Lächeln um, fest entschlossen den Abend nicht zum völligen Fiasko werden zu lassen. Seine Freundin leuchtete in einem deutlichen Pink, aber ihr Gesicht drückte Unzufriedenheit aus, wenn nicht gar Kälte. "Jade! Da bist du ja wieder, und schön wie eh und je!" grüßte er unverdrossen fröhlich.
Sie stapfte auf ihn zu und setzte sich steif neben ihn. "Ich dachte, du hättest gesagt, du wartest am Honey-Pop auf mich. Davon, daß ich dich in der Bar suchen muß, war keine Rede."
"Es tut mir leid, hast du lange gesucht?"
"Ich hab die Bar zweimal umrundet." Eisige Blitze schossen aus ihren Augen, und er verzog schuldbewußt das Gesicht. "Ich konnte nicht damit rechnen, daß du dich schneller schminken kannst als diese Dame zum Mixen eines Saft on the Rocks benötigt." Er meinte es als Scherz, doch sie lachte nicht. "Wie hast du es geschafft auch den Sakura-Tee nachzuschminken? Du leuchtest ja wie eine der Laternen!"
"Ganz einfach! Nach der ersten Runde habe ich noch ein Glas getrunken." Ein seliges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, während seines versiegte. Das durfte doch wohl nicht wahr sein... "Du hast noch mehr von diesem Teufelszeug geschluckt?!" fragte er ungläubig, woraufhin ihr Gesicht wieder ernst wurde. "Allerdings. Würde dir auch mal gut tun, vielleicht würdest du dann lockerer."
"Whoa, Jade Sparkle! Ich kann dir versichern, ich bin gerade so locker wie eine Pusteblume und habe es nicht nötig diesen Tee zu trinken." Er lachte unsicher, doch Jade stimmte erneut nicht ein.
"So? Ich sehe dich aber nicht mit einer Freundin schäkern, also warst du nicht erfolgreich auf diesem Fest."
"Wir waren ja auch hier, um für dich einen Freund zu suchen und nicht jemanden für mich."
"Wenn du meinst mich verschachern zu können an jemanden, den du für geeignet hältst, sollte ich das vielleicht mit dir auch versuchen und dir jemanden aussuchen! Beide oder keiner! Wie würde dir das gefallen?" fragte sie herausfordernd und hieb mit der flachen Hand auf die Theke.
Er zog die Stirn in Falten und versuchte sich nicht über ihren barschen Tonfall zu ärgern. Stattdessen fragte er sich, ob zwei Gläser des Tees noch gesundheitlich unbedenklich waren, denn die Droge darin schien stark genug zu sein, um seine Freundin so fahrig und unberechenbar zu machen, als sei sie völlig betrunken. "Von 'verschachern' kann ja nun gar keine Rede sein, wir sind hier nicht auf dem Viehmarkt."
Jade begann wieder dieses seltsame Lächeln zu zeigen. Noch einmal klopfte sie mit der flachen Hand auf die Theke. "Ist eine Datingbörse nicht genau das? Na los, Caleb Vatore, sag mir, wieviel du wert bist, und ich finde jemanden für dich! Vielleicht kann ja sogar ich mir dich leisten?"
"Ha ha, tut mir leid, doch ich bin unbezahlbar!" lachte er, obwohl er sich ein wenig gruselte. Hätte er nicht den Eindruck gehabt soeben einer vollkommen weggetretenen Jade gegenüberzusitzen hätte er die Frage für den Beginn einer Komplimenteschlacht halten können, doch im Moment erschien sie ihm viel zu sehr wie eine nüchterne Beryl.
"Du hast keine Ahnung, wieviel ich angespart habe."
Der Vampir beschloß sie nicht ernst zu nehmen. "In welcher Währung spart man denn für ein Romantikfestival?"
"In Umarmungen und Küssen", kam es dermaßen prompt zurück, daß er viel zu schnell antwortete und darüber vergaß vorher nachzudenken. Caleb meinte grinsend: "Ach, ist das der Grund dafür, daß ich ihn letzter Zeit so wenige Umarmungen von dir bekommen habe? Die gingen alle auf dein Sparbuch?"
"Richtig!" Die Frau schnippte mit dem Finger. "Die sind alle reserviert!"
"Um sich heute einen Mann zu leisten? Ich dachte, dafür seien wir nicht hier", erinnerte er sie schelmisch, woraufhin er deutlich sah, wie etwas anderes in ihren Blick trat. Jade schüttelte langsam den Kopf, sagte aber zunächst nichts. Dann sah sie die Barmixerin an, die mit Calebs Drink beschäftigt war. "Ist das sein erster Drink heute?"
"Nein", meinte die Frau mit einem versöhnlichen Lächeln, "... sein vierter. Nimm es ihm nicht übel, es ist Happy Hour!"
"Oh. Danke." Die Schwarzhaarige hob die Brauen und sah ihren Begleiter mit hochgezogenen Brauen und einem breiten Lächeln an, das ihn an einen Hai denken ließ. "Dein vierter Drink, huh? Sagtest du nicht eben am Hochzeitsbogen, nach ein paar Drinks könnten wir noch mal übers Heiraten reden? Wie viele Drinks braucht es dann für ein simples Date, huh? Womit muß ich dich abfüllen für einen Kuß? Na los, was ist dein Preis?"
Er verzog mit einem unglücklichen Lachen das Gesicht und schüttelte ebenfalls den Kopf. Was sie sagte ergab langsam überhaupt keinen Sinn mehr, und der Vampir überlegte, sie gegen ihren Willen nach Hause und ins Bett zu bringen. Sie allein auf andere Leute loszulassen erschien ihm jedenfalls nicht mehr wie eine gute Idee. Sie war nun dermaßen aggressiv in ihrem Flirtdrang, daß irgendwer es ausnutzen würde, wenn er jetzt ihre Seite verließ, und er würde nicht zulassen, daß sie sich dermaßen wehtun ließ. In dieser Dosierung war dieser Tee gefährlich, und niemand würde ihn in seiner Meinung umstimmen können.
Ihr drehte sich alles und sie rutschte beinahe vom Barhocker. Das zweite Glas von dem Tee war zuviel gewesen, und sie hatte Mühe nicht laut loszuweinen, weil ihre Hemmschwelle für Emotionen so niedrig war wie sonst nie. Sie hatte gehofft, damit endlich die erlösenden Worte herauszubekommen, aber nun hatte sie ihn gefragt und es brachte nichts. Caleb schien in ihr einfach keine Frau zu sehen. Das Kleid, das Make-up, sogar Schmuck hatte sie gekauft, um ihm zu gefallen, aber sie war für ihn einfach keine begehrenswerte Frau, egal wie oft er behauptet hatte sie sähe gut aus. Ihm kam keine Sekunde lang die Idee sie um ein Date zu bitten, und jedes Mal, wenn sie versuchte sich zu öffnen, fing er wieder mit seinen Verkupplungsplänen an oder nahm sie nicht ernst.
"Was soll's", sagte sie niedergeschlagen und hielt sich am Tresen fest, damit die Welt aufhörte zu wackeln. "Ich bin eben nicht Beryl."
"Das möchte doch auch niemand. Wieso solltest du Beryl sein wollen?" Er klang überrascht.
"Sie ist toll und attraktiv", wiederholte Jade mechanisch seine Worte, die ihr ständig wieder im Kopf herumspukten.
Der Vampir schnaubte. "Das bist du auch, kein Grund, wie sie sein zu wollen."
'Trotzdem bin ich nicht gut genug für dich.' Jade wußte nicht, ob es am Tee lag, aber die ganze Situation kam ihr plötzlich so absurd vor. War sie wirklich so klein, daß sie ihm hinterherlaufen mußte wie ein Hündchen? Warum machte sie sich selbst so fertig für eine dermaßen einseitige Sehnsucht? Das alles war lächerlich! Die seltsamsten Gedanken schlingerten durch ihren Kopf. Sie fing an zu kichern.
Unsicher sah Caleb sie an. "Darf ich mitlachen?" fragte er vorsichtig.
Seine Begleiterin machte eine unbestimmte Geste. "Sicher, tu dir keinen Zwang an!"
"Ähm... Sagst du mir denn auch, worüber du lachst?"
"Nichts, Caleb. Ich lache über gar nichts." Sie sah ihn an als meine sie das vollkommen ernst, und genau genommen tat sie das auch. Sie lachte über sich selbst und das Nichts, das zwischen ihnen stand.
"Du flunkerst, Jade Sparkle."
"Schön, meinetwegen. Reden wir eben über etwas, über das ich lachen kann."
"Gerne. Worüber möchtest du sprechen?"
"Hm." Sie dachte kurz nach. "Was hättest du getan, wenn ich tatsächlich mit jemandem angebändelt hätte? Oder wenn ich sagen würde ich nehme... uhm... den da...", Sie zeigte auf einen zufälligen Mann, "... und gehe mit ihm nach Hause?"
"Na, mich selbstredend gefreut!" Das war nicht ganz die Wahrheit nach der erzwungenen Planänderung, aber darauf wollte er gerade nicht näher eingehen. Stattdessen nahm er ihren ausgestreckten Arm und zog ihre Hand sanft auf den Tresen zurück, ehe der Fremde darauf aufmerksam werden konnte.
"Nach eingehender Befragung und Begutachtung des Kandidaten?"
"Selbstverständlich! Für meine liebste Freundin nur das Beste!" meinte er selbstsicher und ignorierte jede Spur von Spott in ihrer Stimme.
"Wie hättest du das entscheiden wollen? Du kennst meine Wünsche doch gar nicht." Jade kicherte erneut.
Die Herausforderung nahm er an. "Selbstverständlich kann ich nur eine Empfehlung aussprechen und du entscheidest, aber ich traue mir durchaus zu den richtigen für dich auszusuchen."
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